Umbau 70er-Jahre-Haus: In fantastischer Lage am Bodensee entsteht ein energetisch zukunftsweisender Wohntraum
Stephanie und Dominik Maier auf dem Dach ihres neuen Heims. (Foto: Ines Janas, WE SUM GmbH)
Wohnen, wo andere Urlaub machen: Stephanie und Dominik Maier erfüllen sich einen Traum – und sanieren ein 70er-Jahre-Wohnhaus am Ufer des Bodensees.
In Wallhausen, einer kleinen Ortschaft nordwestlich von Konstanz, unmittelbar am Ufer des Bodensees, steht das, was einmal das neue Zuhause von Stephanie und Dominik Maier werden soll. Beinahe majestätisch lehnt es mit den umliegenden Häusern an einem steilen Hang etwas oberhalb des Sees. Viele Stufen führen vom Eingang in der Uferstraße über das schmale Grundstück nach oben, erst zum Untergeschoss, dann über vier Etagen unters Dach.
Imposant: Über vier Etagen erstreckt sich das Haus der Maiers am Bodensee. (Foto: Ines Janas, WE SUM GmbH)
Oben angekommen wird man mit einer atemberaubenden Aussicht belohnt. Segelboote gleiten geräuschlos über das Wasser, dessen Farbe zwischen Türkis und Tiefblau changiert, je nachdem, wie die Sonne durch die Wolken bricht. In der Ferne erkennt man noch deutlich das gegenüberliegende Ufer, die Häuser und den Hafen des beschaulichen Städtchens Überlingen.
Was an diesem Ort innerhalb eines Jahres entstehen wird, lässt sich heute, Anfang Mai, freilich nur erahnen. Jetzt ist hier Baustelle. Man stapft durch Staub und Bauschutt, eine leichte Brise weht durch das fensterlose Gebäude, der Regen vom Vortag hat sich hier und da in Pfützen gesammelt, lediglich die tragenden Wände und die geschwungene Holztreppe erinnern an das, was einmal war.
Stephanie und Dominik haben sich für die Kernsanierung eines Wohnhauses aus den 70er-Jahren entschieden. Und wir werden sie in den kommenden Wochen und Monaten bei diesem Projekt begleiten.
Traumhafte Sicht: Vom Dachgeschoss aus überblickt man fast den ganzen Obersee. (Foto: Ines Janas, WE SUM GmbH)
Die Vision: „Ein Ort, an dem sich Menschen begegnen“
Wer Stephanie und Dominik trifft, merkt schnell: Die beiden mögen Menschen. Stephanie scherzt mit den Maurern, hat für jeden ein gutes Wort und verabschiedet jeden einzelnen mit Handschlag. Neben dem Hauseingang haben die Maiers gut sichtbar einen Brief an die Nachbar:innen aufgehängt, mit Foto und der Einladung vorbeizukommen und sich bei Fragen an sie zu wenden. Sie wollen integrieren, Verbindungen schaffen, Menschen zusammenbringen. Kein Wunder, dass sie in ihrer aktuellen Wohnung in Konstanz fast durchgängig Besuch haben. „Gerade sitzen vermutlich zehn Leute in unserem Wohnzimmer“, sagt Stephanie und lacht.
Kennengelernt haben sich Stephanie und Dominik, beide Jahrgang 85, 2007 in Südafrika, seitdem entdecken sie gemeinsam die Welt. Dafür nehmen sie sich auch ganz bewusst Zeit: 2018 waren sie fünf Monate am Stück zusammen unterwegs und bereisten Australien, Nord- und Südamerika.
Die Weltoffenheit der beiden soll sich auch in der Architektur ihres Traumhauses widerspiegeln: „Es soll ein Ort sein, an dem sich Menschen begegnen, ein Ort zum Wohlfühlen, an dem jeder willkommen ist, ein Haus der offenen Tür“, sagt Dominik.
Mögen Menschen: Stephanie und Dominik wünschen sich ein offenes Haus, in dem Freund*innen, Familie und Geschäftspartner*innen zusammenkommen. (Foto: Ines Janas, WE SUM GmbH)
70er-Jahre-Haus am See: Wie kommt man an so eine Immobilie?
Aber fangen wir vorne an. Es ist das Jahr 2020, die Zinsen sind niedrig und die Immobiliensituation rund um den Bodensee seit Jahren angespannt. Vor allem Häuser und Grundstücke direkt am Seeufer sind heiß begehrt – und für die meisten Menschen unbezahlbar. Wie kommt man an so ein Haus? Erbe? Connections? „Internet“, sagt Dominik.
Er entdeckt das Haus auf einer bekannten Immobilienplattform und meldet sich umgehend beim Makler. Zum Besichtigungstermin erscheinen gefühlt hunderte Interessent:innen. Das Haus wurde 1970 gebaut – und ist seitdem nahezu unverändert, auch die Inneneinrichtung. „Es war wie eine Zeitreise in die Siebziger“, erinnert sich Dominik. Aber seine Frau und er erkennen das Potenzial, allein die Lage begeistert sie sofort.
“Wie eine Reise in die Siebziger”: Das Haus wird vollständig saniert und modernisiert. (Foto: Ines Janas, WE SUM GmbH)
Das Haus selbst hat keinen direkten Seezugang, aber in wenigen Schritten gelangt man vom unteren Eingang durch ein Tor auf ein langgezogenes privates Seegrundstück, das sich die Eigentümer:innen mit anderen Anwohner:innen teilen – mit einer Wiese, Bäumen und kleinem Strand. Idylle pur.
Noch bei der Besichtigung bekunden Stephanie und Dominik ihr Interesse.
Ihre Offenheit und ihr guter Zugang zu Menschen zahlen sich aus. Mit den Eigentümer:innen, einer Familie aus Sindelfingen, die das Haus bislang als Ferienhaus nutzte, hat das sympathische Paar einige Gemeinsamkeiten. Die Chemie stimmt – und Stephanie und Dominik bekommen den Zuschlag. Bis heute stehen sie mit den Vorbesitzer:innen in regelmäßigem Kontakt.
Gute Aussichten: Stephanie ist gebürtige Konstanzerin – und freut sich, ihren geliebten Bodensee bald direkt vor der Haustür zu haben. (Foto: Ines Janas, WE SUM GmbH)
Das neue Haus: 300 Quadratmeter Leben
Ein Blick in die Bauzeichnungen offenbart, was die Maiers in Wallhausen vorhaben: Sie wollen den alten Mauern neues Leben einhauchen. Insgesamt rund 300 Quadratmeter Wohnfläche verteilen sich auf vier Stockwerke. Der Grundriss wird völlig neu gedacht, Wände versetzt und Durchbrüche geschaffen. Riesige Fensterfronten machen die Konstruktion hell, durchlässig und einladend, sie unterstreichen die Naturnähe. Auf einer Ebene lassen Stephanie und Dominik einen zusätzlichen umlaufenden Balkon anbringen.
Modern, offen, hell: So wird das Haus nach Abschluss der Bauarbeiten aussehen. (Bild: Kraus Architekten)
Der Eingangsbereich befindet sich in der dritten Etage, man erreicht ihn von den Straßen ober- und unterhalb des Hauses über eine Außentreppe. Ein geräumiges Wohnzimmer und eine große Küche laden zu gemütlichen Abenden mit Freund:innen und Familie ein. Übernachtungsgäste dürfen sich besonders freuen: Auf sie wartet nicht nur ein Gästezimmer, sondern gleich das ganze Erdgeschoss – mit Bad und eigener Küche.
Auch beruflich bringen Maiers Menschen an einen Tisch. Stephanie ist Grundschullehrerin, Dominik ist Unternehmer und Universitätsdozent, 2021 hat er ein Startup gegründet. Sein Unternehmen wird in die erste Etage einziehen. Dort ist genügend Platz für einen Showroom, Workshops und die gemeinsame Ideenentwicklung.
Dominik ist Unternehmer – auch sein Startup findet Platz im Haus. (Foto: Ines Janas, WE SUM GmbH)
Nur das Dachgeschoss haben Stephanie und Dominik allein für sich reserviert – als Rückzugsort vom trubeligen Alltag, mit großem Schlafzimmer, Panoramafenster und Bad mit Mini-Balkon, auf dem sie den Blick auf den See genießen können. „Am besten schon beim Zähneputzen“, freut sich Stephanie.
„Skandi-Beachhouse“ haben sie den Stil getauft, der ihnen für den Innenausbau und die Einrichtung vorschwebt: eine Mischung aus skandinavisch-schlichtem Design und der Atmosphäre eines Ferienhauses an der Küste Kaliforniens, wo sie einige Zeit gelebt haben. Vor allem gemütlich soll es sein, das ist den beiden wichtig.
Der kleine Garten bietet Platz zum Feiern, Grillen und Entspannen, eine Outdoorküche ist schon fest eingeplant. Das zugehörige Seegrundstück mit Privatstrand ist ein weiteres Highlight für die Maiers und ihre Gäste.
Nachhaltig umbauen: An die Zukunft gedacht
Neben der offenen Architektur legen Stephanie und Dominik Wert auf eine möglichst nachhaltige Bauweise. „Wenn man als Einzelner einen Einfluss auf Umwelt- und Klima hat, dann bei so einem großen und ressourcenintensiven Projekt wie einem Hausumbau“, sagt Stephanie. Daher haben sie sich gegen den Abriss und stattdessen für einen Umbau des bestehenden Hauses entschieden. Inklusive energetischer Sanierung nach modernsten Standards: Fenster, Türen, Elektrik, Energieversorgung und Heizung – alles wird komplett erneuert.
Geheizt wird mit einer Luft-Wärmepumpe mit Smart-Home-Steuerung, intelligente Jalousien sorgen zusätzlich für eine effiziente Klimatisierung der Räume. Einen Teil ihres Strombedarfs decken die Maiers mit Photovoltaik: Das Dach wird mit veränderter Neigung vollständig erneuert und mit Solardachziegeln von Autarq gedeckt. „Die Ziegel fügen sich ästhetisch besser ins Gesamtbild als großflächige Solarpaneele“, erklärt Stephanie. Die Garage statten sie mit einer E-Ladestation aus.
Die Kraft der Sonne nutzen: Die Solardachziegel von Autarq sind eingetroffen. (Foto: Ines Janas, WE SUM GmbH)
Die Bauplanung für den Umbau des 70er-Jahre-Hauses: Die ersten Schritte
Für die Umsetzung ihrer Vision arbeiten Stephanie und Dominik mit KRAUS_ARCHITEKTEN in Überlingen zusammen. Christian Hoetger ist Projektplaner und Bauleiter. Gemeinsam mit Haro Kraus entstehen im Frühjahr 2020 die ersten Entwürfe. Für jeden Raum legen die Maiers zunächst ein Moodboard an – eine Sammlung von Beispielbildern zur Inspiration.
Auch für die Architekten ist es ein spannendes Projekt: „Aus unserer Sicht ist die Herausforderung, ein Gebäude, das in einem architektonisch stilvollen Ensemble von mehreren Häusern aus den Sechzigern besteht, behutsam in die neue Zeit zu transformieren – und mit der vorhandenen Architektur in Einklang zu bringen“, sagt Haro Kraus.
Nachdem die Finanzierung geklärt und Fördermittel für die energetische Sanierung und barrierefreies Bauen beantragt sind, kümmert sich KRAUS_ARCHITEKTEN um die notwendigen Genehmigungen, schreibt die Handwerkerleistungen aus, beauftragt die verschiedenen Gewerke und erstellt einen Projekt- und Zeitplan.
Packen mit an: Beim Rückbau haben Stephanie und Dominik viel selbst gemacht. (Foto: Ines Janas, WE SUM GmbH)
Beim Rückbau legen Stephanie und Dominik selbst Hand an: Gemeinsam mit Familie und Freund:innen geben sie die alten Möbel der Vorbesitzer an Liebhaber und Antiquitäten-Freunde weiter, reißen meterweise Schrankwände und Böden heraus, schlagen Fliesen ab. Den Rest überlassen sie den Profis. Im November 2022 steht der Kran vorm Haus, der Umbau beginnt. Der Stand Anfang Mai: Das neue Dach steht, die Leitungen und Rohre sind bereits verlegt und die Maurer stellen die ersten Wände.
Ein wichtiger Meilenstein: Endlich steht das Dach. (Foto: Ines Janas, WE SUM GmbH)
Bis zum Einzug ist noch viel zu tun
Im Frühjahr 2024 wollen Stephanie und Dominik in ihr neues Heim ziehen. Bis zur Einweihungsparty gibt es noch viel zu tun – und sicher wartet die eine oder andere Herausforderung auf die beiden. Wir vom Autarq Magazin sind hautnah dabei und berichten regelmäßig von der Baustelle.
Den herrlichen Ausblick dürfen die Maiers bald jeden Tag genießen. (Foto: Ines Janas, WE SUM GmbH)