Solaranlage Fachwerkhaus: Verbindung traditioneller Handwerkskunst mit moderner Solartechnologie
Fachwerkhaus in der Alten Bundesstraße 45 in Gundelfingen bei Freiburg im Breisgau: Es liegt im Auge der Betrachtenden, ob eine Photovoltaikanlage auf dem Dach den Gesamteindruck beeinträchtigt oder nicht. (Foto: Andreas Schwarzkopf, wikimedia commons)
Fachwerk war in Mitteleuropa über Jahrtausende hinweg eine der beliebtesten Arten, Häuser zu errichten. Charakteristisch ist das Holzständerwerk mit Gefachen, die mit Flechtwerk und Lehmputz oder Ziegeln ausgefacht sind. Die Vorteile dieser handwerklich meisterhaft ausgeführten Konstruktionen, die auf Eisen verzichtet, sind Langlebigkeit, Elastizität und Widerstandsfähigkeit. Auch deshalb stehen nach wie vor zahlreiche alte Fachwerkhäuser – viele von ihnen sind wertvolle Kulturdenkmale. Im Spannungsfeld zwischen Klimawandel, Energiewende und Denkmalschutz stellt sich immer öfter die Frage, welche Solardachlösung am Fachwerkhaus schön und machbar ist. Lange war die Antwort ein kategorisches Nein. Denkmalschutzrechtliche Bestimmungen oder gar ein Ensembleschutz, der auch die Dachlandschaften umfassen kann, standen dem entgegen. Solaranlagen würden das historische Bild stören, ob als Aufdach- oder Fassadenanlagen. Gerade in dicht bebauten Altstädten können Eigentümer:innen nicht auf Freiflächenanlagen als Alternative ausweichen. Doch nicht alle Fachwerkhäuser stehen unter Denkmalschutz, sodass Solaranlagen auch ein Fachwerkhaus krönen dürfen. Mit modernen Solardachziegeln stehen außerdem Lösungen bereit, die den Denkmalschutz zufriedenstellen. Wir zeigen, worauf dabei zu achten ist und was es braucht, um die mit Photovoltaiktechnik ausgestatteten Dachziegel am Fachwerkhaus zu verwenden.
Warum machen Solaranlagen auch bei einem Fachwerkhaus Sinn?
Grundsätzlich macht eine Solaranlage auf jedem Haus Sinn – warum also nicht auf einem Fachwerkhaus? Der von der hauseigenen PV-Anlage generierte Strom macht Hauseigentümer:innen deutlich unabhängiger vom Stromnetz und überzeugt mit geringen Stromgestehungskosten. Jede Kilowattstunde Solarstrom sichert nicht zuletzt die Versorgung der gesamten Bevölkerung mit klimafreundlicher Energie. Ist die Überlegung einmal so weit gediehen, solltest du dir aber auch Gedanken um die Dämmung und generelle energetische Sanierung deines Fachwerkhauses machen. Schließlich erfordert der Anschluss einer Solaranlage am Fachwerkhaus sowieso einiges an Installationsarbeiten und baulicher Veränderung.
Aus Lehm und Holz erbaute Fachwerkhäuser haben von Natur aus ein sehr gutes Raumklima: Die Baustoffe sind diffusionsoffen und verhindern Schimmelbildung. Mit diffusionsoffenen und kapillaraktiven Dämmstoffen wie Holzfaser und Lehm lassen sich die alten Häuser energetisch für die nächsten Jahrzehnte rüsten. Die besondere Bauweise mit Gefachen und ständig arbeitendem Ständerwerk erfordert zwar einige Sorgfalt und Planung, ist aber kein finales Hindernis. Wichtig ist nur, dass niemals diffusionsdichte Dämmstoffe zur Anwendung kommen. Auch eine Dampfbremse oder Dampfsperre leistet der Schimmelbildung Vorschub. Um Fehler zu vermeiden, solltest du für die Arbeiten Expert:innen zurate ziehen.
Schließlich muss auch der Dachstuhl ins Visier genommen werden, denn warme Luft steigt nach oben. Schon deshalb verlieren ungedämmte Häuser viel Wärme durchs Dach. Die Dämmung der obersten Geschossdecke erfordern die Auflagen des Gebäudeenergiegesetzes – GEG. Wie wir weiter unten sehen werden, müssen die alten Dachstühle von Fachwerkhäusern häufig angepasst werden, um die Last einer PV-Aufdachanlage tragen zu können. Da ergibt es schon aus Effizienz- und Kostengründen Sinn, all diese Arbeiten (Dämmung, Statik, Elektrik, Neueindeckung) in einem Aufwasch zu erledigen.
Was unterscheidet eine Solardachlösung für ein Fachwerkhaus von der bei anderen Häusern?
Schwierige Statik, keine geraden Linien, komplizierte Dachfläche: Alte Hausdächer wie in Lötzbeuren im Hunsrück machen die Installation von PV-Lösungen zur Herausforderung. (Foto: Prankster, wikipedia.org)
Ob mit oder ohne Denkmalschutz oder Fachwerk – ein Solardach stellt immer bestimmte technische Anforderungen. Im Einzelnen sind das:
Dachneigung: Bei 30 bis 35 Grad Neigung ergibt sich hierzulande im Jahresdurchschnitt die optimale Energieausbeute.
Ausrichtung: Sie sollte am besten direkt nach Süden zeigen und keine Verschattung aufweisen, um möglichst viel Energie zu generieren.
Dieses Fachwerkhaus in Kirchheim (Thüringen) nutzt mit seinem Solardach die Fläche optimal aus. (Foto: Wikswat, wikimedia commons)
Bei denkmalgeschützten Häusern (mit und ohne Fachwerk) spielen weitere Faktoren eine Rolle:
Ästhetik: Eine Solardachlösung wirkt oft wie ein Fremdkörper an historischen Bauten. Das Erscheinungsbild muss also berücksichtigt werden. Solardachziegel erhalten die Ästhetik.
Denkmalschutzauflagen: Neben der Ästhetik darf die Solarlösung auch keine baulichen Veränderungen bedingen, die historische Bauteile beschädigen oder zerstören.
Planung und Genehmigungen: Schon vor den ersten Planungen sollte die zuständige Untere Denkmalschutzbehörde ins Boot geholt werden. Nur sie kann bauliche Veränderungen an denkmalgeschützten Bauwerken genehmigen.
Energieeffizienz: Es ist sinnvoll, die Installation der PV-Dachlösung mit einer umfassenden Dachdämmung und gegebenenfalls -sanierung zu verbinden – auch dies wieder in Abstimmung mit der Unteren Denkmalschutzbehörde.
Fachwerkhäuser stellen aufgrund ihrer Bauweise einen Sonderfall für die Installation von Solardächern dar:
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Integration: Die alten Dachstühle müssen fast immer angepasst werden, um das Gewicht der Solaranlage zu tragen. Sowohl die Dachstatik als auch die Befestigung müssen der zusätzlichen Belastung standhalten. Ausnahme: Solardachziegel.
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Kosten: Durch die baulichen Anpassungen sind PV-Lösungen für Fachwerkhausdächer oft aufwendiger zu planen und zu bauen, was sich auf die Kosten auswirkt. Allerdings gibt es einige Fördertöpfe (auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene), die Ausgaben für Photovoltaik bei denkmalgeschützten Bauwerken bezuschussen.
Während die technischen Aspekte von Solardächern immer gleich sind, erfordern Altbauten für den Einbau einer PV-Lösung einiges an Mehraufwand gegenüber Neubauten. Das gilt vor allem, wenn Denkmalschutzauflagen die optimale Größe und Position der Anlage verhindern.
Solardachziegel mit Autarq Technologie gibt es in verschiedenen Formen und Farben. So lassen sie sich in historische Dachlandschaften integrieren. (Foto: Amelie Niederbuchner, WE SUM GmbH)
Welche Auflagen gibt es für eine Solaranlage, wenn das Fachwerkhaus denkmalgeschützt ist?
Wohnen im historischen Ambiente ist beliebt, aber es verpflichtet auch. Der freien Gestaltung in den eigenen vier Wänden stehen die Auflagen der auf kommunaler Ebene angesiedelten Unteren Denkmalschutzbehörden entgegen. Sie entscheiden im Einzelfall, was erlaubt ist. Das beinhaltet von der Wahl der Baumaterialien bis zur farblichen Gestaltung (innen wie außen) viele Aspekte, die das historische Erscheinungsbild verändern könnten. Bei der Frage, ob eine Solaranlage auf dem Fachwerkhaus möglich ist, muss die Behörde in jedem Fall konsultiert werden. Erst einmal loszulegen und ein Fait accompli zu schaffen, kann teuer zu stehen kommen. Die Anlage muss nicht nur auf eigene Kosten demontiert werden – es drohen sogar Bußgelder und eventuell Gerichts- und Anwaltskosten.
Bei diesem Fachwerkhaus in der Wolframs-Eschenbacher-Straße in Windsbach bei Nürnberg zeigt die Aufdachanlage zur voll verputzten Längswand des Hauses. (Foto: Strahtw, wikimedia commons)
Leider gibt es keine deutschlandweiten Regelungen für Solaranlagen und Fachwerkhaus-Denkmäler. Was in Stadt A geht, kann in Ort B verboten sein. Es ergibt sich ein Konflikt, denn sowohl Klimaschutz als auch Denkmalschutz sind in der Verfassung verankert. Immer öfter entscheiden die Unteren Denkmalschutzbehörden derzeit zugunsten einer Solardachlösung, nicht zuletzt aufgrund entsprechender Gerichtsentscheide. In manchen Behörden scheint diese Einstellung jedoch noch nicht angekommen zu sein. Dann hilft auch der Verweis auf anderslautende Gerichtsurteile nichts. Die folgenden Kriterien beeinflussen die Entscheidung:
- Stromertrag: Er muss signifikant hoch genug sein, um die optische Veränderung zu rechtfertigen.
- Anlagengestaltung: Farblich und baulich unauffällige Module haben bessere Aussichten, genehmigt zu werden, Solardachziegel werden immer akzeptiert
- Sichtachse: Liegt die Solaranlage in der Sichtachse zu historischen Monumenten eines geschützten Ensembles oder Baudenkmals, verweigert die Untere Denkmalschutzbehörde meist die Genehmigung. Das gilt selbst dann, wenn das Haus keinen Denkmalschutz hat. Hier bieten Solardachziegel die einzige Lösung.
- Bedeutung: Einzigartige Gebäude mit besonderer Geschichte unterliegen besonders strengen Auflagen.
Auch wenn das Haus selbst nicht unter Denkmalschutz steht, kann es Teil eines geschützten Ensembles sein – dies gilt es vor Baubeginn abzuklären, sonst drohen Unannehmlichkeiten. Kooperation hat sich noch als der beste Weg erwiesen, um eine moderne Solardachlösung trotz Denkmal- oder Ensembleschutz zu realisieren. Wer die zuständige Genehmigungsbehörde schon vor Planungsbeginn einbindet, hat bessere Chancen und vermeidet Fehlinvestitionen in nicht genehmigungsfähige Pläne. Bisweilen ist eine schwere Aufdachanlage schon aus statischen Gründen nicht machbar. Andernfalls müssten für eine Solaranlage auf dem Fachwerkhaus das alte Dachwerk oder die Deckung zerstört werden. Nicht nur dann bieten sich Solardachziegel als Lösung an. Sie verändern das Erscheinungsbild des Hauses weit weniger als Aufdachanlagen. Außerdem sind sie Dachabdeckung und PV-Lösung in einem, wodurch sie sich auch für historische Dachstühle eignen.
Wie stark stört eine Solaranlage das Erscheinungsbild eines denkmalgeschützten Fachwerkhauses? Am Ende ist es immer eine Ermessensfrage der Unteren Denkmalschutzbehörden. Hier ein Austragshaus in der Erlenstraße 6 in Irlahüll, Oberbayern, das als Baudenkmal gilt. (Foto: Kd6=dra, wikimedia commons)
Welche Solaranlagen kommen in Betracht, wenn das Dach saniert werden muss?
Wenn sowieso eine Dachsanierung ansteht, sollten Bauherr:innen auch gleich über eine PV-Dachlösung nachdenken. Dann kann das Dach so vorbereitet werden, dass es das Gewicht der Anlage tragen kann und eine möglichst ertragreiche Fläche für die PV-Anlage bereitstellt. Spricht aus statischer oder denkmalschutzrechtlicher Hinsicht etwas gegen eine Aufdachanlage, gibt es noch Solardachziegel. Mehr dazu im nächsten Abschnitt.
Welche Solaranlagen eignen sich bei einem sanierten Fachwerkhausdach?
Optisch weniger ansprechend wirkt dieses Fachwerkhaus mit Photovoltaik auf dem Dach Am Burgweiher in Buschhoven bei Bonn. Die kantige Anlage setzt einen harten Kontrast zum organischen Fachwerk. (Foto: Túrelio, wikimedia commons)
Dachstühle von Fachwerkhäusern haben oft einen zu großen Abstand zwischen den Dachsparren (bis zu 1,8 Meter), um eine PV-Aufdach- oder PV-Indachanlage tragen zu können. Wenn bei der Dachsanierung zusätzliche Dachsparren eingezogen wurden, stellt dies jedoch kein Hindernis dar. Als Alternative bieten sich Solardachziegel an. Damit ergibt sich eine 2-in-1-Lösung aus Dacheindeckung und PV-Lösung. Unterm Strich ist das etwas teurer, überzeugt dafür aber durch Wartungsfreiheit. Nicht zuletzt lassen sich die kleinteiligen Elemente auf zergliederten Dachflächen optimal positionieren. Die farblich angepassten Dachziegel am Fachwerkhaus stören die Optik kaum und lassen sich daher unter Denkmalschutzauflagen verwenden.
Hier nimmt die Aufdachanlage die Optik des Fachwerks auf: Fachwerkhaus mit Solardach in Kleintauscha, Thüringen. (Foto: Aschroet, wikimedia commons)
Welche Vorteile hat eine Dachsanierung mit Solardachziegeln bei einem Fachwerkhaus?
Die Statik von Fachwerkhäusern beruht auf einem komplexen System. Jeder Eingriff kann fatale Folgen haben, das gilt besonders bei den Kräften, die vom Dach auf das alte Ständerwerk wirken. Das Gewicht der Solardachlösung spielt somit eine im Wortsinne tragende Rolle, bei der Überlegung, lieber in Solardachziegel zu investieren. Solardachziegel mit Autarq-Technologie wiegen etwa 4,2 Kilogramm pro Stück – das macht sie in etwa so schwer wie normale Dachziegel. Eine Eindeckung mit Solardachziegeln erfordert daher kaum signifikante Eingriffe in den historischen Dachstuhl.
Ein weiterer Vorteil ist die Optik, die sich unauffällig in bestehende Ensembles einfügt und den historischen Charakter von Baudenkmälern vollständig erhält. Oft sind diese Anlagen daher die einzige Option, um eine Solaranlage am Fachwerkhaus zu realisieren. Ein weiterer Vorteil: Defekte Ziegel lassen sich weit unkomplizierter und preiswerter austauschen als ein ganzes Solarmodul.
Was muss bei der Dachsanierung mit PV bei einem Fachwerkhaus bedacht werden?
Viele Fachwerkhäuser sind schmal und haben ein steiles Dach. In diesen Fällen erlaubt die Dachneigung keinen optimalen Ertrag von PV-Lösungen. Auch die Ausrichtung des Dachs spielt eine Rolle: Ein nach Süden ausgerichtetes liefert den höchsten Ertrag. Doch selbst wenn alles stimmt, muss die Statik mitspielen. Weitere Probleme können sich durch zergliederte Dächer mit Dachgauben und Erkern ergeben, durch die eine entsprechend groß dimensionierte Aufdachanlage nur schwer zu realisieren ist.
Sind alle Voraussetzungen für die Installation einer Solaranlage auf dem Fachwerkhaus gegeben (auch die Genehmigung der Denkmalschutzbehörde), müssen alle Schadstellen am Dach ausgebessert werden. Das betrifft vor allem die tragenden Balken, eventuell das ganze Dach mit Abdeckung.
Fazit
Baumaßnahmen an denkmalgeschützten Fachwerkhäusern sind schon aufgrund der Auflagen teuer – wenn sie überhaupt bewilligt werden. Für eine Solaranlage am Fachwerkhaus bedeutet das oft schon vor der Planung das Aus. Wer statt einer Aufdachanlage in mit Solartechnologie ausgestattete Dachziegel für das Fachwerkhaus investiert, zahlt etwas mehr. Dafür stehen diese Lösungen dem Denkmalschutz selten entgegen, und sie sind bisweilen sogar genau unter diesem Aspekt förderfähig.