Historische Ortskerne mit liebevoll restaurierten Fachwerkbauten wie hier im Hattinger Ortsteil Blankenstein verströmen unwiderstehlichen Charme. (Foto: Tama66, pixabay)
Wer ein Fachwerkhaus sanieren möchte, steht vor etlichen Herausforderungen. Besonders bei bestehendem Denkmalschutz gelten zahlreiche Vorschriften, die häufig mit Vorgaben wie einer Solardachpflicht kollidieren. Wie man ein Fachwerkhaus modernisieren kann, welche Kosten bei der Sanierung eines Fachwerkhauses anfallen und welche Zuschüsse es gibt.
Fachwerkhaus sanieren: Das Wichtigste kurz gefasst
- Denkmalschutz: Fachwerkhäuser stehen häufig unter Denkmalschutz, der einige Hürden für die energetische Sanierung birgt.
- Historische Baumaterialien wie Lehm und Kalkputz bieten viele Vorteile wie eine effektive Isolierung oder eine hohe Frostbeständigkeit.
- Förderung: Ein Fachwerkhaus zu sanieren, kann kostspielig werden; doch es winken Zuschüsse und Förderungen, die bei der Deutschen Stiftung Denkmalschutz zu beantragen sind.
- Solardachpflicht: Die vielerorts kommende Auflage betrifft denkmalgeschützte Fachwerkhäuser nicht immer. Ein Fachwerkhaus energetisch zu sanieren ist aus Kostengründen dennoch sinnvoll.
- Solardachziegel sind eine probate PV-Lösung auf denkmalgeschützten Fachwerkhäusern und meist mit den Vorgaben der Denkmalbehörden vereinbar.
Fachwerkhaus: die Bautechnik
Seit wann gibt es Fachwerk und bis wann wurden Fachwerkhäuser gebaut?
Die Bauweise des Fachwerks
Was ist eigentlich ein Fachwerkhaus?
- Fachwerkhäuser sind Bauten, die ein Ständerwerk aus Holz stützt.
- Schräg verlaufende Streben sorgen für Stabilität, waagerechte Balken bilden das Fundament (Schwelle), den oberen Abschluss (Rähm) sowie die Gefache (Riegel).
- Die Gefache sind mit Flechtwerk und Lehm oder Ziegeln gefüllt und meist innen und außen mit Lehm- und Kalkputz versehen. Zapfen, Holznägel und andere metallfreie Techniken halten das Fachwerkgerüst zusammen.
Wie solide eine solche Bauweise sein kann, erkennt man am Alter etlicher Fachwerkbauten. Dennoch bleibt Holz anfällig für Schädlinge und Feuchtigkeit und kann im Lauf der Jahrhunderte an Stabilität einbüßen. Daher steht ein genaues Zustands- beziehungsweise Schadensbild der Bausubstanz ganz oben auf der To-do-Liste. Ein Fachwerk zu sanieren ist mit Kosten verbunden, die Bauherrschaften einplanen müssen. Wir fassen zusammen, wie man am besten vorgeht.
Die Historie des Fachwerkbaus
Die Ursprünge der Bautechnik lassen sich bis in die Jungsteinzeit verfolgen. Und sie blieb bis in die Neuzeit verbreitet. Wegen der Brandgefahr baute man ab dem 15. Jahrhundert in Städten die Erdgeschosse oft aus Stein und nutzte Fachwerk für weitere Stockwerke. Heute prägen historische Fachwerkfassaden viele Altstädte in Deutschland und bilden ein Sehnsuchtsziel für Reisende. Das älteste erhaltene Fachwerkhaus steht in Quedlinburg und stammt aus den Jahren 1230 bis 1233 (dendrochronologische Untersuchungen und erste urkundliche Erwähnung). Im Historismus um die Jahrhundertwende erlebte Fachwerk eine kurze Renaissance, bevor es neue Techniken wie Beton verdrängten.
Der Fachwerkbau heute
Ganz ausgestorben ist die schöne Handwerkstradition aber nicht: Bis heute gliedert Fachwerk die Fassaden mancher Neubauten, denn Fachwerkhäuser gelten als wertig und sind für ihr gutes Wohnklima bekannt.
Gut zu wissen: Wie viele Fachwerkbauten in Deutschland stehen, weiß wohl niemand so genau. Bis zu 2 Millionen, wie manche Quellen behaupten, sind es vermutlich nicht. Bisweilen liegt das Fachwerk unter einer Lage modernen Putzes verborgen. Dank des steigenden Bewusstseins, wie wichtig der Erhalt von Kulturgütern ist, stehen viele Fachwerkhäuser inzwischen unter Denkmalschutz.
Welche Vorgaben der Denkmalschutzbehörde muss man beachten, wenn man ein altes Haus aus Fachwerk sanieren möchte?
Fachwerkhaussanierung: Chancen und Herausforderungen
Die Sanierung eines Fachwerkhauses unter Denkmalschutz soll den historischen Charme besonderer Bauten bewahren. Das birgt allerdings etliche Herausforderungen:
Chancen
- Bauherrschaften erhalten von der Unteren Denkmalbehörde häufig gute Tipps, etwa ob für die Sanierung des Fachwerkhauses Zuschüsse möglich sind. Auch die Deutsche Stiftung Denkmalschutz steht mit Informationen zur Seite.
- Oft empfehlen die Denkmalschutzbehörden für die Fachwerkhaussanierung Firmen, die sich mit den Besonderheiten auskennen und wissen, wie sich das Fachwerk sanieren und energetisch verbessern lässt.
- Zugleich erleben in Vergessenheit geratene Techniken wie Lehmputz eine Wiedergeburt. Eine Sanierung mit Lehm- und Kalkputz sorgt für ein optimales Raumklima, ist robust, langlebig und feuchtigkeitsregulierend.
Tipp: Mit Solardachziegeln kannst du sogar eine PV-Lösung mit dem Denkmalschutz vereinbaren. Unerfahrene Bauherrschaften sollten sich beim Fachwerkhaus-Sanieren mit Architekt:innen beraten.
Herausforderungen
- Für einzelne Häuser oder Bestandteile ganzer Fachwerkhausensembles müssen sich Bauherrschaften an die Auflagen des Denkmalschutzes halten, wenn sie ein Fachwerkhaus sanieren möchten. Das umfasst viele Details von der Optik bis hin zu den verwendeten Baumaterialien.
- Vor dem ersten Handschlag am Haus steht der Kontakt mit der Unteren Denkmalbehörde an. Nur sie erteilt die Genehmigung zur Sanierung.
- Oft kollidieren behördliche Vorgaben mit den eigenen Wünschen, doch diese zu ignorieren, ist keine gute Idee. Bei nicht denkmalgerechten Einbauten riskiert man die Aufforderung zum Rückbau und Geldstrafen.
Fachwerkhaus sanieren: Schritt für Schritt
Marode Leitungen, baufällige Treppen – alte Häuser können voller unliebsamer Überraschungen stecken. Selbst die beste Planung ist dagegen nicht gefeit. Unsere Schritt-für-Schritt-Anleitung gibt Bauherrschaften einen patenten Leitfaden.
1. Schritt: Zustand ermitteln
Zunächst gilt es, mögliche Schäden und den Sanierungsbedarfe zu ermitteln. Als nächster Schritt auf dem Weg zum sanierten Denkmal ist die Genehmigung der Unteren Denkmalbehörde für die Baumaßnahmen einzuholen. Auch Förderanträge müssen vor Baubeginn gestellt werden. Informationen dazu erteilt unter anderem die Deutsche Stiftung Denkmalschutz.
2. Schritt: Tragwerk ausbessern
Am wichtigsten ist die Stabilität des Hauses. Deswegen beginnt die Fachwerksanierung mit dem Tragwerk:
- Um Schäden am Holz ausfindig zu machen, bedarf es eines geschulten Blickes. Bei schadhaftem Fachwerk lassen sich Holzbalken sanieren, indem morsche oder befallene Stellen herausgeschnitten und durch neues Holz ersetzt werden.
- Besonders aufwendig kann es sein, einen verzierten Fachwerkgiebel zu sanieren. Sind tragende oder Schwellbalken morsch, ist ein Austausch durch spezialisierte Fachleute notwendig. Hilfsständer tragen derweil das Gewicht des Hauses.
- Um die alten Verbindungen aus Holz für kommende Jahrhunderte fit zu machen, erneuern Zimmerleute schadhafte Dübel und Verzapfungen. Dabei legen sie Wert auf originalgetreue Techniken und Materialien, so dies möglich ist.
An beschädigten Gefachen tritt die Struktur eines Fachwerkhauses zutage. (Foto: Roman Dilo, Wikimedia Commons)
3. Schritt: Gefache auffüllen
Um eine Fachwerkfassade zu sanieren, müssen meist etliche Zwischenräume neu ausgefacht und alles neu verputzt werden:
- Meist beinhalten Gefache mit Stroh gemischten Lehm, der auf Flechtwerk aus Weidenruten haftet.
- Lose Füllungen entfernt man sorgfältig und ersetzt sie mit kleinen Lehmsteinen oder anderen Materialien, die sich als Füllmaterial für Holzgefache eignen. Wichtig: Immer von oben nach unten arbeiten, damit bereits neu verfachte Partien nicht unter der Last darüber ausbrechen oder Risse entwickeln (Lastabsenkung).
- Ein bündig aufgetragener Putz aus Lehm oder Kalk versiegelt die Gefache wetterfest, aber diffusionsoffen.
Tipp: Der alte Baustoff Lehm hat viele Vorteile für Fachwerkbauten, denn er isoliert gut, brennt nicht, ist frostbeständig und sorgt durch Kapillarwirkung für eine gute Feuchtigkeitsregulierung. So hält er Nässe und Schädlinge vom Holz fern.
4. Schritt: Holzschutz und Farbe
Die Farbe des Fachwerks und der Gefache unterscheidet sich regional.
- Bei alten Fachwerkhäusern müssen sich Bauherrschaften an diese Farbschemata halten.
- Für den Außenanstrich der Gefache sind mineralische Anstriche wie Kalk- oder Silikatfarben Pflicht. Sie sind atmungsaktiv und schimmelresistent (das gilt übrigens auch für Innenputz wie Kalk- und Lehmputz sowie -farbe).
- Für das hölzerne Fachwerk kommen nur diffusionsoffene Holzschutzmittel und Anstriche wie Leinölfirnis infrage. Etwaige Farbreste oder gespachtelte Ausbesserungen anderer Art müssen vor dem Neuanstrich restlos beseitigt werden.
Nicht immer nur schwarz-weiß: Regional können die verwendeten Farben für Fachwerk und Putz ganz unterschiedlich ausfallen: hier in Endingen am Kaiserstuhl. (Foto: 1195798, pixabay)
5. Schritt: Wärmedämmung
Auch wenn denkmalgeschützte Häuser nicht den Vorgaben der Energieeinsparverordnung (EnEV) folgen müssen, wollen heute viele Menschen lieber energieeffizient wohnen, nicht nur um Kosten zu sparen.
- Bei Fachwerk ist eine Außendämmung aufwendig oder gar untersagt. Zudem darf die Dämmung im Zuge des Fachwerkhaus-Sanierens innen keine historischen Elemente verdecken.
- Es dürfen nur altbauverträgliche Dämmmaterialien mit Kapillarwirkung wie Lehm- und Kalkputz zum Einsatz kommen. Sie leiten Feuchtigkeit nach außen und schaffen obendrein ein hervorragendes Wohnklima.
- Die Arbeiten sollte man Fachleuten überlassen. Unsachgemäße Dämmung im Innern kann schlimmstenfalls zu Schimmel und Pilzbefall führen.
Gut zu wissen: Lehmputz hat gute Dämmeigenschaften. Unter dem Dach darf und sollte hingegen gedämmt werden, solange seine Form und das Aussehen unverändert bleiben.
Fachwerkhaus in der nordrhein-westfälischen Stadt Monschau: Erker und Dachgauben stellen Zimmerleute bei Dachsanierungen von Fachwerkhäusern vor Herausforderungen. (Foto: Uwe Aranas, Wikimedia Commons)
Fachwerkhaus sanieren: Dachinstandsetzung
Feuchtigkeit tut Holzbauten nicht gut. Um Niederschlagswasser schnell abzuleiten, gestaltete man die mit Ziegeln oder Reet gedeckten Dächer von Fachwerkhäusern meist mit einer steilen Dachneigung von über 50 Grad und großem Dachüberstand. Diese Dachgestaltung muss aus Denkmalschutzgründen erhalten bleiben, ebenso wie Dachgauben, die viele alte Dächer zieren. Spezialisierte Firmen führen die denkmalgerechte Dachstuhlsanierung durch und ersetzen schadhafte Dachabdeckungen fachgerecht. Neben dem Austausch alter Heizungsanlagen kommt man auch bei denkmalgeschützten Häusern oft nicht um die Dämmung der obersten Geschossdecke oder des Dachs herum. Das ergibt im Hinblick auf die Energiekosten Sinn. Auch wenn die kommende Solardachpflicht denkmalgeschützte Bauwerke nicht immer betrifft, gibt es mit Solardachziegeln eine PV-Lösung, die sich optisch unaufdringlich den Anforderungen des Denkmalschutzes fügt. Ein gutes Beispiel hierfür ist die geplante Sanierung des Rathauses Ofterdingen.
Das denkmalgeschützte, 1523 erbaute Rathaus in der Gemeinde Ofterdingen im Landkreis Tübingen wird seit 2022 erweitert und saniert. Für die Stromerzeugung ist eine Photovoltaikanlage mit Solardachziegeln von Autarq geplant (Foto: Nucomu via Wikimedia Commons)
Fachwerkhaus sanieren: Kosten
Von der Überprüfung des Tragewerks über die energetische Sanierung des Fachwerkhauses bis zum Innenausbau mit Lehm- und Kalkputz – die Fachwerkhaussanierung ist mit Kosten verbunden und komplex. Das ist zu beachten:
- Da jedes Fachwerkhaus anders ist und seine eigenen Herausforderungen bereithält, lassen sich die Kosten einer Fachwerkhaussanierung nur näherungsweise ermitteln.
- Bausachverständige oder erfahrene Architekt:innen können die Kosten für die Sanierung eines Fachwerkhauses besser einschätzen.
- Dennoch ist mit Überraschungen zu rechnen – ein finanzieller Puffer sollte in der Planung bereits enthalten sein.
- Pi mal Daumen ist bei der Sanierung eines Fachwerkhauses mit Kosten von 1.200 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche zu rechnen.
- Fördermittel, Zuschüsse und Steuerabschreibungen (Denkmal-AfA) erleichtern die denkmalgerechte Sanierung von Fachwerkhäusern. Zu beantragen sind sie bei der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, Landesdenkmalämtern und lokalen Denkmalbehörden.
- Die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) und das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) vergeben zinsgünstige Sanierungskredite auch für Objekte ohne Denkmalschutz. Hier können zudem kommunale und länderspezifische Fördermittel zur energetischen Sanierung infrage kommen.
Häufige Probleme bei einer Fachwerkhaussanierung
- Viele Gewerke einer Fachwerkhaussanierung können nur erfahrene Handwerker:innen ausführen. Nicht jeder beachtet alle Anforderungen, die eine solche Sanierung erfordert. Die Wichtigste: kein Metall. Die alten Verbindungen des Fachwerks bestehen aus Holz, weil starres Metall die in einem Holzhaus wirkenden Kräfte schlecht aufnimmt und rostet.
- Falsche Baustoffe können die Bausubstanz von Fachwerkhäusern schädigen oder sogar zerstören. Diffusionsoffene Materialien halten die Feuchtigkeit in den Balken gleichmäßig niedrig, sodass das Holz keine Risse bekommt, weder von Schwamm noch Schädlingen befallen wird und arbeiten kann. Luftdichte Abschlüsse wie bei einer Dämmung aus modernen Baumaterialien gilt es zu vermeiden.
- Unsachgemäße Altsanierungen müssen vollständig rückgängig gemacht werden, um Beschädigungen der Bausubstanz aufzuhalten.
- An überstehenden Kanten kann sich Feuchtigkeit sammeln. Bündig aufgetragener Putz verhindert das.
Mit kompetenten Partner:innen an der Seite lassen sich Fehler bei der Fachwerkhaussanierung vermeiden. Wer so ein Gebäude restauriert und für die kommenden Generationen aufbereitet, erhält ein Wohnhaus mit individuellem Charme und einem oft besseren Raumklima als in Neubauten.
Zuletzt aktualisiert: 22.04.2024