Solardachziegel-Hersteller: Darauf kommt es an – die Übersicht

• Ästhetik: Darin sind Solardachziegel unschlagbar. Während eine Aufdachanlage wie ein Fremdkörper wirkt, bleiben sie der traditionellen kleinteiligen Ziegeloptik treu.
• Gemeinsamkeiten: Die meisten Solardachziegel und Solarziegel bieten eine harte Bedachung und einen hohen Brand- und Hagelschutz.
• Unterschiede gibt es dagegen viele, die unbedingt beachtet werden sollten.
• Material: Die wenigsten Solardachziegel bestehen aus Qualitäts-Tondachziegeln. Die meisten Solarziegel bestehen aus ziegelersetzenden Produkten wie Glas, Kunststoff, Metall oder Bitumen.
• Verschaltung: Parallel verschaltete Solardachziegel erzeugen auch bei Teilverschattung zuverlässig Strom. In Reihe geschaltete Produkte zeigen eine eher schlechte Verschattungstoleranz.
• Spannung: Das Dachhandwerk zeigt Berührungsangst: Die meisten PV-Ziegel bringen entweder eine hohe Spannung oder Leistungselektronik aufs Dach, was Wartungskosten verursacht – aber nicht alle.
• Denkmalschutzkonformität: Aufdachanlagen werden von den Denkmalschutzämtern in der Regel abgelehnt, Solardachziegel akzeptiert. Das gilt aber nicht für alle Solarziegel-Produkte. Auf die Anzahl echter Referenzen der Photovoltaik-Dachziegel-Hersteller achten!
• Garantie: Entscheidend ist die Leistungsgarantie – die Anzahl an Jahren, in denen eine volle Solarerzeugungsleistung garantiert wird. 
• Hersteller versus Anbieter: Solardachziegel-Hersteller erzeugen und stehen für ihre Produkte. Solardachziegel-Anbieter stellen nicht her, sondern kaufen zu.

Solardachziegel haben Standard-Dachziegel zur Grundlage, die bei ihrer Herstellung dauerhaft mit speziell miniaturisierten Solarmodulen verbunden werden. Auf dem Dach werden die Photovoltaik-Dachziegel per Steckverbindung mit einem eigens entwickelten Kabelbaum verbunden. Als gebäudeintegrierte Solardachlösung bilden sie die Funktion einer ungestörten, sicheren und hochbelastbaren Dachhaut, die zuverlässig Strom erzeugt und dabei alle traditionell bewährten Eigenschaften erhält. 

Wer ein Dach mit einer Aufdachanlage mit einem Dach aus Solardachziegeln vergleicht, den erwischt es sofort: Solardachziegel begeistern auf den ersten Blick mit ihrer Ästhetik, weil sie sich kaum von der traditionellen Dacheindeckung unterscheiden. Nur wer genauer hinsieht, erkennt die leicht veränderte Oberflächentextur, die durch die Solarveredelung entsteht. Bauherr:innen mit Sinn fürs Schöne möchten ein Dach, das wie ein Dach aussieht – ohne aufgeschraubte Platten. 

Die meisten Produkte bilden eine glatte Dachfläche und können eingeschränkt flexibel um Fenster, Schornsteine oder Gauben herum verlegt werden. Sie werden als harte Bedachung klassifiziert und bieten hohe Hagelwiderstandsklassen zwischen 3 und 5. Auch wenn Solardachziegel bis zu 50 Jahre lang Strom erzeugen, stellt sich irgendwann die Frage: Sind sie ungiftig und lassen sie sich recyceln? – In den meisten Fällen: Ja.

Neben diesen Gemeinsamkeiten zeigen die Produkte der verschiedenen Anbieter und der beiden Hersteller jedoch Unterschiede – mit Auswirkungen zum Beispiel auf die Sicherheit, die Wartung, die Zuverlässigkeit der Stromerzeugung und die Durchsetzbarkeit im Denkmalschutz.

Verschaltung und Spannung

Die elektrische Verbindung zwischen den Ziegeln wird als Verschaltung bezeichnet. Sie ist entweder parallel oder seriell und hat große Auswirkungen.

• Eine parallele Verschaltung kann für eine sehr niedrige Spannung unter 120 Volt mit sehr niedrigen Strömen sorgen. Eine solche PV-Anlage erzeugt keine für Mensch oder Tier gefährlichen Stromstöße und muss sogar im Brandfall nicht gesondert abgeschaltet werden. 
• Eine Serien- bzw. Reihenschaltung dagegen erzeugt eine hohe Spannung bis 1.000 Volt. Geschlossen wird der Stromkreis erst nach der Verlegung – dann können Stromstöße lebensgefährlich sein. Hohe Spannung und hohe Ströme können feuergefährlich sein. Im Brandfall ist eine Abschalteinrichtung zwingend erforderlich, die regelmäßig zu warten ist. 
• Werden die Solarziegel in Serien- bzw. Reihenschaltung mit einem Wechselrichter plus Optimierer oder mit einem Mikrowechselrichter verlegt, reduziert das die Spannung auf 300 bis 600 Volt. Der Einsatz solcher Leistungselektronik erfordert jedoch einen fortlaufenden Service in Form regelmäßiger Wartung, Reparatur und auch Ersatz der elektronischen Komponenten.
• Der Anbieter Nelskamp setzt auf Technologieoffenheit. Die PV-Ziegelmodule können je nach Kundenwunsch bzw. Anforderungen des Bauvorhabens mit verschiedenen Wechselrichtern verlegt werden. Die Wahl des Wechselrichters bestimmt die Spannung auf dem Dach: Verlegung mit einem Strangwechselrichter (600 bis 1.000 Volt), mit einem Strangwechselrichter in Kombination mit einem Optimierer (300 bis 600 Volt) oder mit einem Mikrowechselrichter (300 bis 400 Volt). 
• Unter den in Deutschland erhältlichen Produkten arbeiten nur Solardachziegel mit Technologie von Autarq mit Parallelschaltung, ohne Leistungselektronik und einer Kleinspannung unter 120 Volt Gleichstrom (DC).

Defekt und Verschattung

Die Verschaltung und Wahl des Wechselrichters haben Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit der Ziegel.  

• Werden Ziegel durch Bäume oder andere Gebäude zeitweise verschattet, dann verringern sie bei einer seriellen Verschaltung ihre Stromerzeugungsleistung. 
• Fällt bei einem Defekt eine einzige Steckverbindung in einem Strang von beispielsweise 300 seriell verschalteten Ziegeln aus, fallen alle Ziegel aus. Die Verschattungstoleranz der Anlage ist sehr niedrig.
• Werden in Reihe geschaltete Solarziegel mit einem Microwechselrichter oder einem Optimierer installiert, so verbessert sich die Leistungsfähigkeit der Anlage. Die Verschattungstoleranz der Anlage ist deutlich höher.
• Bei einer parallelen Verschaltung stellt es für das System kein Problem dar, wenn es mal teilweise verschattet wird oder ein Ziegel ausfällt. Der “Rest” der Anlage läuft ungehindert weiter. Die Verschattungstoleranz der Anlage ist die höchste.

Verlegekomfort und Wartung

Viele Dachhandwerksbetriebe lehnen die Installation von Photovoltaik ab.

• Die meisten PV-Ziegel arbeiten entweder mit hohen Spannungen und Strömen oder mit leistungselektronischen Komponenten wie Mikrowechselrichtern oder Optimizern auf dem Dach. Das bereitet berechtigte Sorgen.
• Attraktiv für das Dachhandwerk dagegen ist eine Installation von Solardachziegeln, die mit Kleinspannung arbeiten. Hier besteht keine Gefahr von Stromstößen oder Bränden. Die Installation unterscheidet sich – bis auf die Steckverbindung zum Kabelbaum – kaum von der Verlegung traditioneller Ziegel. Das kann man ganz ohne Zusatzqualifikation machen.
• Aber auch Bauherr:innen sollten auf das PV-Ziegelkonzept achten: Leistungselektronische Komponenten wie Optimierer und Mikrowechselrichter stellen auf dem Dach ein Brandrisiko dar. Darum müssen sie regelmäßig gewartet werden. Ihre durchschnittliche Lebensdauer ist zudem kleiner als 15 Jahre, wonach sie aufwändig ausgetauscht werden müssen. 

Garantien

Leistungsgarantie, Produktgarantie, Materialgarantie – worauf kommt es an?

• Auf die Produktgarantie. Entscheidend ist die Anzahl an Jahren mit garantiert voller Leistungsfähigkeit des Produktes. Gut ist eine Produkt- und Leistungsgarantie von 20 Jahren, sehr gut eine von 25 Jahren mit jeweils einer anschließenden Leistung von 80 %.
• Die Produktgarantie sollte der Leistungsgarantie entsprechen, denn ein schadhaftes Produkt kann unter Umständen keine volle Leistung bringen. Was soll eine Leistungsgarantie von 20 Jahren, wenn die Produktgarantie nach 10 Jahren endet?
• Vorsicht auch bei Materialgarantien: Was soll sie Käufer:innen bringen, wenn kein leistungsfähiges Produkt garantiert wird?
• Bitte auch bedenken, dass Schadensfälle nicht von Garantien gedeckt werden. Fällt bei einem Sturm ein großer Baum ins Dach, ist dafür die Versicherung zuständig.

Integration der Systeme

Wer möchte bei einem Problem viele Firmen kontaktieren müssen? 

• Für die Installation von Solardachziegeln sind neben den Ziegeln auch Verbindungskabel, ein Wandler und ein Wechselrichter erforderlich. Optional werden auch ein Speicher und eine Ladestation fürs Elektroauto ergänzt.
• Doch an wen wenden sich Betreiber:innen, wenn mal etwas nicht läuft und sie Service brauchen? Wer nicht auf ein integriertes System setzt, muss sich unter Umständen an viele Unternehmen und Garantiegeber wenden. 
• Vorteile haben Eigentümer:innen, die auf ein integriertes Solardachziegelsystem setzen und einen übergreifenden Service erhalten.

Materialqualität

Generell sieht man Produkten aller Art die Qualität ihres Materials an. Das gilt auch für Solardachziegel.

• Nahezu alle PV-, Solar- und Solardachziegel erzeugen eine glatte und im Gegensatz zu Aufdachanlagen harmonische Dachästhetik. 
• Das traditionelle Trägermaterial sind Tonziegel. Sie sind langlebig, witterungsbeständig und genießen aufgrund ihrer langen Tradition das uneingeschränkte Vertrauen von Bauherr:innen, Architekt:innen und Dachdecker:innen. 
• Aber auch andere ziegelersetzende Materialien werden als harte Bedachungen klassifiziert und erreichen hohe Brand- und Hagelschutzklassen.

Denkmalschutz

PV im Denkmalschutz ist mit Solarziegeln und Solardachziegeln möglich – aber nicht mit allen.

• Denkmalgeschützte Gebäude wie Kirchen, Klöster, Gerichtsgebäude bis hin zu Villen und innerstädtischen Häuserensembles sollen einen Beitrag zur Energiewende leisten. Ihre Eigentümer:innen wollen das auch, um Energiekosten zu sparen.
• Die Denkmalschutzämter möchten ihrem Auftrag gerecht werden und die Gebäudeästhetik maximal erhalten. Aufgeschraubte Module lehnen sie in der Regel ab.
• Solardachziegel bieten hier die Lösung. Aber nicht alle Solarziegel werden akzeptiert. Die Akzeptanz hängt von der individuellen Entscheidung einzelner Denkmalschützer ab. 
• Vermutlich legen die Behörden wie bei allen Baumaterialien zur Denkmalsanierung auch bei Solarziegeln großen Wert auf ihre Materialästhetik. Darum könnten Solardachziegel bei einzelnen Denkmalschützern dann leichter eine denkmalschutzrechtliche Genehmigung erhalten, wenn sie auf Tonziegeln basieren.

In der nachfolgenden Übersicht werden ausgewählte Hersteller und Anbieter dargestellt und die genannten, relevanten Faktoren hervorgehoben.

_{Übersicht einer Auswahl der in Deutschland erhältlichen Solardachziegel und ziegelähnlichen PV-Produkte (Quellen: Webseiten der Anbieter im Oktober 2024 – ohne Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben – sowie Informationen per Presseanfragen).}

_{Anmerkungen:
1) Widerstandsfähig gegen Feuer und strahlende Wärme gemäß DIN 4102-4.
2) Europäische Brandschutzklassifizierung DIN EN 13501-1 (A = hoch, F = keine Brandschutzleistung).
3) HW 1 = geringer Hagelschutz bis HW 5 = hoher Hagelschutz.}

Letzte Aktualisierung am 17.12.2024