Netzstabilität erneuerbare Energien: Eine der Herausforderungen der Energiewende. (Foto: Pok Rie, Pexels)
Der immer größer werdende Anteil an Strom aus erneuerbaren Energien bringt einige Herausforderungen für die Netzstabilität Deutschland mit sich. Das sind die Probleme und deren Lösungen.
Netzstabilität: Das Wichtigste kurz gefasst
- Netzstabilität: Damit ist die Fähigkeit des Stromnetzes gemeint, kontinuierlich und zuverlässig mit Strom zu versorgen.
- Erneuerbare Energien: Die Zunahme der erneuerbaren Energien stellt neue Herausforderungen an die Netzstabilität. Besonders im Winter kann es zu Engpässen kommen, wenn weder Wind noch Sonne viel Strom liefern.
- Lösungen: Der Einsatz von Speichern ist eine der Lösungen.
- Innovative Konzepte: Ein Beispiel dafür ist, Stromnetze mithilfe von Künstlicher Intelligenz (KI) effizienter zu steuern.
- Verlässlichkeit: Die Stromversorgung in Deutschland zählte 2023 zu einer der stabilsten der Welt.
- Politischer Fahrplan: Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz hat im Oktober 2022 die sogenannte „Roadmap Systemstabilität“ gestartet. Sie beinhaltet die Prozesse und Funktionalitäten, die hierfür benötigt werden.
Netzstabilität Definition
Was ist Netzstabilität? Netzstabilität bedeutet, dass ein Gleichgewicht zwischen produziertem und verbrauchtem Strom besteht. Da sich Strom im Übertragungsnetz nicht speichern lässt, müssen sich Stromeinspeisung und Stromausspeisung die Waage halten.
Die Versorgungssicherheit wird über die Stromversorgung gewährleistet. Darunter versteht man die Erzeugung, Übertragung und Verteilung von Strom. Die Stromversorgung ist ein Eckpfeiler der Infrastruktur, denn sie beliefert Haushalte und Unternehmen kontinuierlich mit Elektrizität. Wenn zu viel Strom im Netz ist, sprechen die Netzbetreiber von „netz- oder systemkritischen” Situationen. Um das sofort zu korrigieren, kommt das Netzsicherheitsmanagement zum Einsatz. Dabei wird automatisch errechnet, welche Leistung reduziert werden muss, um wieder ein stabiles Stromnetz zu garantieren.
Um Versorgungssicherheit zu gewährleisten, müssen diverse Aspekte erfüllt sein. Die Bundesnetzagentur verweist dabei auf die Stromnetze, die in der Lage sein müssen, ihre Transportaufgaben zu erfüllen. Zudem braucht es ausreichende Erzeugungskapazitäten, um den Energiebedarf zu decken, belastbare Regelungsmechanismen, welche die Netzstabilität sicherstellen sowie eine IT-Sicherheit, die Eingriffe Dritter zu verhindern hat. Die Bundesnetzagentur ist Deutschlands zentrale Infrastrukturbehörde und verantwortlich für den Stromnetzausbau.
Die Netzfrequenz ist die Geschwindigkeit, mit der der Wechselstrom durch das Stromnetz fließt. Im europäischen Verbundnetz ist eine Netzfrequenz von 50 Hertz als Maß für die Netzstabilität festgelegt. Gefährdet ist die Netzstabilität dann, wenn die Netzfrequenz um mehr als 200 Millihertz nach oben oder nach unten von 50 Hertz ausschlägt. „Sinkt oder steigt die Frequenz im Netz zu stark, wirkt sich dies auf die Funktion zahlreicher elektrischer Geräte aus – im schlimmsten Fall droht ein Zusammenbruch des Netzes”, erläutert der Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik (VDE).
Als Stromausfall wird die unerwartete Unterbrechung der elektrischen Energieversorgung bezeichnet. Ursache hierfür können unter anderem technische Probleme, Stromnetzausfälle, menschliches Versagen und Naturkatastrophen sein.
Stand der Netzstabilität in Deutschland
Die Stromversorgung in Deutschland zählte „auch 2023 zu einer der stabilsten der Welt”, teilte das Forum Netztechnik/Netzbetrieb im VDE mit (Störungs- und Verfügbarkeitsstatistik 2024). Alle Verbraucher:innen seien zu 99,99 Prozent mit Strom versorgt gewesen. Im internationalen Vergleich belegt Deutschland demnach einen Spitzenplatz bei der durchschnittlichen Unterbrechungsdauer je Stromkunde oder Kundin.
Mit Blick in die Zukunft ist die Bundesnetzagentur in ihrem Bericht zum Monitoring der Versorgungssicherheit mit Strom zum Ergebnis gekommen, dass im Zeitraum 2025 bis 2031 die „sichere Versorgung mit Elektrizität” in Deutschland gewährleistet sei - „trotz des steigenden Stromverbrauchs durch Wärmepumpen, E-Mobile [...], auch mit einem vollständigen Kohleausstieg bis 2030”. Die sichere Versorgung der Verbraucher:innen gelte sowohl im Hinblick auf ausreichende Erzeugungskapazitäten als auch im Hinblick auf ausreichende Netzkapazitäten. „Das heißt: Bis zum Jahr 2031 kann in Deutschland in allen Stunden des Jahres die Nachfrage („Last“) am Markt gedeckt werden”, so das Fazit des Berichts.
Im Jahr 2020 lag Deutschland weltweit auf Rang zwei, was die durchschnittliche Stromunterbrechungsdauer betraf. Nur Südkorea hatte noch bessere Werte aufzuweisen. Europaweit war Deutschland also die Nummer eins, vor den Niederlanden, Österreich und Italien.
Durchschnittliche Strom-Unterbrechungsdauer im Ländervergleich in Minuten: Deutschland steht weltweit gesehen sehr gut da. (Grafik: VDE FNN)
Herausforderungen für die Netzstabilität bei erneuerbaren Energien
Im Jahr 2023 wurden 55 Prozent des deutschen Stroms aus erneuerbaren Energien gewonnen. Im Vergleich zum Jahr 2022 war das eine Steigerung von knapp sieben Prozent (Umweltbundesamt). Bis 2030 sollen laut der Bundesregierung mindestens 80 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Energien stammen. Durch den steigenden Anteil erneuerbarer Energien müssen im Rahmen der Energiewende zusätzliche Maßnahmen ergriffen werden, um die Netzstabilität zu gewährleisten.
Netzstabilität Stromnetz: Wenn Windräder zu wenig Strom liefern, kann es zu Engpässen kommen. (Foto: SamForson, Pexels)
Die Herausforderungen
Da Wind und Sonne nicht rund um die Uhr zur Verfügung stehen und dementsprechend der daraus gewonnene Strom nur unregelmäßig eingespeist werden kann, entstehen neue Herausforderungen. Durch den Umbau des Energiesystems auf erneuerbare Energien nehme die Netzauslastung zu und werde der Netzbetrieb anspruchsvoller, heißt es in der Störungs- und Verfügbarkeitsstatistik 2024 des Forums Netztechnik/Netzbetrieb im Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik (VDE). Um den sicheren Netz- und Systembetrieb aufrechtzuerhalten, werden beispielsweise Regelenergie zum Ausgleich von Leistungsschwankungen oder Kraftwerke eingesetzt. Besonders im Winter kann es zu Engpässen kommen, wenn weder Wind noch Sonne viel Strom liefern und gleichzeitig Niedrigwasser den Kohletransport behindert. „Gezielte Lastabschaltungen” wären die Folge daraus. So wird das Abschalten von Netzlast zur Laststeuerung im Stromnetz genannt.
Die Lösungen
Das Umweltbundesamt hat eine Reihe von Maßnahmen ausgemacht, um diesen Herausforderungen gerecht zu werden. Dazu zählen der Einsatz von Speichern, die Verknüpfung dezentraler Anlagen zu virtuellen Kraftwerken oder der Aufbau „intelligenter“ Netze, um Erzeugungsanlagen, Netzkomponenten, Speicher und Verbraucher:innen aufeinander abgestimmt zu steuern. Ziel der Speicher muss es sein, die aus erneuerbaren Energien gewonnenen Stromüberschüsse langfristig zu speichern, um bei Lastspitzen, sprich wenn der Energieverbrauch am höchsten ist, darauf zurückgreifen zu können. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz bringt dafür auch die Batterien abgestellter und am Netz angeschlossener Elektrofahrzeuge ins Spiel, die Energie aufnehmen und bei Bedarf wieder in die Netze einspeisen können.
Laut dem Umweltbundesamt sind zudem innovative Konzepte erforderlich, um zu Lösungen zu kommen. Ein Beispiel dafür ist, Stromnetze mithilfe von Künstlicher Intelligenz (KI) effizienter zu steuern (ingenieur.de).
Netzstabilität Strom: Die Stromversorgung in Deutschland gehört zu den weltweit verlässlichsten. (Foto: Mike Winkler, Unsplash)
Auswirkungen fehlender Netzstabilität auf PV-Anlagenbetreiber:innen und Bürger:innen
Ein instabiles Netz kann einen sogenannten Brownout zur Folge haben, einen Spannungsabfall im Stromnetz. Er ist die Vorstufe eines Stromausfalls. Von einem Blackout spricht man bei einem unvorhergesehenen und großflächigen Ausfall der Stromversorgung, „bei dem mindestens größere Teile des europäischen Stromnetzes ausfallen”, definiert die Bundesnetzagentur. Ein solches Ereignis sei äußerst unwahrscheinlich.
Ein Brownout kann auch gezielt herbeigeführt werden, um einem Blackout entgegenzuwirken. Dabei schalten die Netzbetreiber die Stromversorgung in manchen Bereichen für einen beschränkten Zeitraum bewusst ab oder verringern sie. Damit stabilisieren sie das Stromnetz.
Antworten auf häufige Fragen
Wie erreicht man Netzstabilität bei erneuerbaren Energien?
Da die erneuerbaren Energien steigende Anforderungen an die Netzstabilität aktuell stellen, bedarf es eines Ausbaus und einer Modernisierung der Netzinfrastruktur. Die Bundesnetzagentur fasst es so zusammen: „Das deutsche Übertragungsnetz ist noch nicht ausreichend ausgebaut.” Netzengpässe entstünden daher vor allem in sogenannten Starkwind-Starklast-Zeiten. Dies geschieht, wenn gleichzeitig die Windenenergieanlagen im Norden Deutschlands viel Strom einspeisen und die Verbraucher:innen im Süden Deutschlands viel Strom benötigen.
Wie ist die Netzstabilität gesetzlich geregelt - gibt es eine Netzstabilitäts-Verordnung?
Gesetzlich geregelt ist die Netzstabilität über die „Verordnung zur Gewährleistung der technischen Sicherheit und Systemstabilität des Elektrizitätsversorgungsnetzes (Systemstabilitätsverordnung - SysStabV)”. Über die Netzstabilität Verordnung soll eine Gefährdung der Systemstabilität des Elektrizitätsversorgungsnetzes vermieden werden.
Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz hat im Oktober 2022 „mit breiter Branchenbeteiligung und enger Einbindung der Bundesnetzagentur” zudem die sogenannte „Roadmap Systemstabilität“ gestartet. Diese beinhaltet einen „Fahrplan zur Erreichung eines sicheren und robusten Systembetriebs mit 100 Prozent erneuerbaren Energien” sowie die Prozesse und Funktionalitäten, die hierfür benötigt werden. Am 6. Dezember 2023 wurde die „Roadmap Systemstabilität“ von der Bundesregierung beschlossen.
Je mehr erneuerbare Energie zum Beispiel über Solaranlagen erzeugt wird – hier mit schwarzen Solardachziegeln in München – desto stärker muss das Stromnetz ausbalanciert werden. (Foto: WE SUM GmbH)
Was stellen die Netzbetreiber bis 2030 um?
Netzbetreiber müssen schnell auf Schwankungen reagieren können, die durch die Einspeisung erneuerbarer Energien verursacht werden. Das Forum Netztechnik/Netzbetrieb im Verband der Elektrotechnik Elektronik und Informationstechnik (VDE FNN) hat unter dem Titel „Zum Klimaschutznetz bis 2030" ein Zielbild zum Energiesystem 2030 erstellt. Analog einer Verkehrsnavigation, die einen Überblick über die Verkehrslage gibt, können Netzbetreiber mit dem sogenannten Netzzustandsmonitor künftig Daten zur Netzauslastung aus allen Spannungsebenen digital austauschen und darstellen. Dadurch werden sie laut VDE befähigt, bei Störungen oder drohenden Engpässen rechtzeitig steuernd eingreifen zu können.
Wie und wo kann ich die Netzstabilität an meinem Ort einsehen?
Spezifisch auf den jeweiligen Ort bezogen, gibt es online keine Möglichkeit dazu. Auf Webseiten wie Netzfrequenzmessung kann die Netzfrequenz des europäischen Verbundnetzes eingesehen werden.