Energiewende im Handwerk gelingt mit Technik, Kundenservice und Führung
Der Firmenhauptsitz der Stumbaum GmbH im bayerischen Schöngeising. (Foto: Stumbaum GmbH)
Die Stumbaum GmbH setzt bereits seit einigen Jahren auf die Energiewende. Los ging es mit einem der ersten E-Autos in Deutschland, mittlerweile baut der Betrieb von Markus Stumbaum gar keine Ölheizungen mehr ein. Das Knowhow, das sich die Firma erarbeitet hat, kommt bei den Kund:innen sehr gut an - und sorgt dafür, dass sie keine Probleme beim Nachwuchs hat.
Energiewende Handwerk: Das Wichtigste kurz gefasst
- Markus Stumbaum ist davon überzeugt, dass die Energiewende nur „technisch“ gelingen wird.
- Beim Thema Photovoltaik „sind wir schon relativ weit“, sagt Stumbaum.
- Eine der wenigen noch verbliebenen PV-Hürden bestehe darin, PV-Großanlagen ans Netz zu bringen.
- Stumbaum ist fest davon überzeugt, dass PV irgendwann eine Standard-Dachdeckung wird.
- Die Kombination aus PV und Wärmepumpe laufe „super“, da sich der daraus resultierende Mischpreis im persönlichen Strommix rechne.
- Eine immer größere Rolle im Betriebs-Portfolio nimmt das Energiemanagement ein.
Energiewende im Handwerk durch eine klare Führung
Der Wintersport in den Alpen wird im Zuge der Klimakrise von vielen Menschen immer argwöhnischer betrachtet. Im Mittelpunkt steht dabei das Thema Nachhaltigkeit. Laut dem SWR verbraucht alleine die künstliche Beschneiung der Skigebiete in den Alpen so viel Strom, wie alle Haushalte Stuttgarts in einem Jahr. Der gesamte Energieverbrauch für eine Saison in den Alpen belaufe sich auf 2.100 Gigawattstunden, das entspreche dem Stromverbrauch von 500.000 Haushalten pro Jahr. Zahlen, die im Zuge der Energiewende nur schwer zu vermitteln sind.
Umso erstaunlicher ist es, dass der Skisport im Fall von Markus Stumbaum einer der Hauptgründe dafür war, seinen Handwerksbetrieb voll und ganz der Energiewende zu verschreiben. Der Hauptgrund dafür seien seine drei Kinder, denen er eine gute Zukunft ermöglichen möchte, erzählt er. Und der zweite seine Liebe zum Skifahren. „Wenn ich sehe, was im Winter in den Alpen passiert, ist es mein persönliches Interesse, dass es auch in Zukunft noch Schnee gibt“, sagt er. „Dieses Interesse fällt mit dem zusammen, was wir beruflich machen. Es passt also gut zusammen.“ Stumbaum begann schon früh damit, im Betrieb auf Nachhaltigkeit zu setzen – auch gegen interne Widerstände. Aber der Reihe nach.
Energiewende im Handwerk durch umfassenden Kundenservice
Gegründet wurde die Firma, die in Schöngeising im Westen Münchens beheimatet ist, von Elektromeister Johann Stumbaum im Jahr 1949, wenige Jahre also nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Zu Beginn war es ein Fachbetrieb für Elektro- und Wasserinstallation und lief unter dem Namen „Elektro Stumbaum“. 1977 trat dessen Sohn Wolfgang an die Spitze des elterlichen Betriebes, der damals acht Mitarbeiter:innen hatte, und wandelte ihn 1994 in die Stumbaum GmbH um. Mittlerweile leitet Markus Stumbaum in dritter Generation die Geschicke, 2005 übernahm er die Leitung.
Heute vereint der Handwerksbetrieb fünf Gewerke unter einem Dach: Elektrotechnik, Sanitär, Heizung, Klima und Photovoltaik. Mittlerweile ist auch ein eigenes Ingenieurbüro Teil der GmbH. Rund 120 Mitarbeiter:innen sind bei Stumbaum angestellt. Das neue Firmengebäude ist ein holzverkleideter Bau, auf dem Dach befinden sich Solarpaneele. Der große Vorteil der Firma: Sie kann all das, was sie ihren Kund:innen in der Beratung empfiehlt, auch selbst liefern: Sei es die Wärmepumpe im Garten, die Solaranlage auf dem Dach oder die Strombatterie, um die Energie zu speichern. Ölheizungen baut die Firma Stumbaum aus Prinzip gar nicht mehr ein. Stumbaums Betrieb übernimmt auch die Förderanträge für die Kund:innen, damit da keine Fehler passieren.
Markus Stumbaum hat die Firma 2005 übernommen. (Foto: Stumbaum GmbH)
Energiewende im Handwerk durch Vorleben neuer Technik
Wie wichtig Stumbaum fortschrittliche Technologien sind, wurde bereits im Jahr 2011 deutlich. Damals erweiterte Stumbaum den Firmen-Fuhrpark um einen Mitsubishi i-MiEV und war damit einer der ersten in Deutschland, der ein Elektroauto erwarb. E-Autos waren da in Deutschland noch alles andere als etabliert. In einem Artikel der Zeit mit der Überschrift „Autojahr 2011: Wo bitte sind die Elektromobile?“ hieß es damals, E-Autos seien 2011 auf jeder Messe zu sehen gewesen, „kaum dagegen auf der Straße“.
In Markus Stumbaums Fuhrpark aber stand da schon eines – und zog einiges an Skepsis auf sich. Das lag nicht nur daran, dass die Technik damals noch nicht so ausgereift wie heute war, und besonders in den kalten Monaten große Probleme bereitete. „Der Winter war eine Katastrophe“, sagt Stumbaum rückblickend. Das lag daran, dass die Batterien bei Kälte so stark an Leistung verloren, dass er das E-Auto für diese Jahreszeit damals als „nicht tauglich“ einstufte. Skepsis gab es auch intern. Bei einigen, die schon lange im Betrieb waren, kam das E-Auto anfangs nicht gut an. Stumbaum musste sich „hundert Argumente“ anhören, warum das angeblich nicht funktioniere. Doch er ließ sich nicht von seiner Idee abbringen und setzte sie einfach durch.
Selbst vor fünf Jahren sei das immer noch ein „schweres Thema“ gewesen, weil viele auch da noch davon ausgingen, die Technik tauge nicht, erzählt er. Mittlerweile sei es einfacher geworden, aber so wie in der Gesellschaft gebe es auch in seinem Unternehmen einen gewissen Prozentsatz, „der sich partout nicht mit neuen Dingen beschäftigen möchte.“ Auch aufgrund des E-Auto-Beispiels ist Stumbaum davon überzeugt, dass die Energiewende nur „technisch“ gelingen werde. Er meint damit: Die neuen Technologien müssen verlässlich sein und dürfen im Vergleich zu den alten, sprich Öl und Gas, keine Nachteile mit sich bringen.
Energiewende im Handwerk durch Setzen auf Photovoltaik als Zugpferd
Beim Thema Photovoltaik „sind wir schon relativ weit“, sagt Stumbaum. Eine der wenigen noch verbliebenen Hürden bestehe darin, PV-Großanlagen ans Netz zu bringen, das sei heute noch schwierig, erklärt er. Photovoltaik hat sich laut Stumbaum aus einem ziemlich einleuchtenden Grund etabliert: Er kenne „eigentlich keine PV-Anlage, die sich nicht rechnet“. Man erreiche damit einen „gewissen Autarkiegrad“, kann eigenen Strom produzieren und sein E-Auto damit laden. „Das fühlt sich alles gut an.“ Deshalb ist dieser Markt für ihn nicht zu stoppen, auch wenn er im Moment ein bisschen schläfrig sei. Stumbaum ist fest davon überzeugt, dass PV irgendwann zur Standard-Dachbedeckung wird.
Stumbaum bekommt in Sachen PV Rückendeckung von einem Top-Manager: Ex-VW-Chef Herbert Diess sieht Photovoltaik auch sehr positiv. In der ZDF-Talkshow Markus Lanz sagte er am 21. März 2024, dass Photovoltaik „unschlagbar günstig“ sei, „praktisch monatlich“ auch noch günstiger werde und „heute schon mit Abstand die günstigste Stromquelle“ sei. Da komme auch keine Kernkraft ran, so der promovierte Ingenieur.
Das Heizungsgesetz der Bundesregierung geht für Stumbaum in eine gute Richtung, sei aber „viel zu operativ eingreifend“. Beim Thema Wärmepumpen sieht er das größte Problem darin, dass die laufenden Kosten momentan noch höher sind als die laufenden Kosten von Öl und Gas. „Super“ laufe die Kombination aus PV und Wärmepumpe, da sich der daraus resultierende Mischpreis im persönlichen Strommix rechne. Mittlerweile ist es schon einige Jahre her, dass Stumbaums Firma die erste Wärmepumpe eingebaut hat. Damals war der Einbau noch nicht eingespielt, erinnert sich der Chef. Er habe vorne und hinten nicht geklappt und erst nach der dritten Umstellung gepasst. Heute ist es Routine. 2023 verbaute die Firma rund 40 Wärmepumpen.
Eine immer größere Rolle im Betriebs-Portfolio nimmt das Energiemanagement ein. Früher, erzählt Stumbaum, hat man das nur für Großanlagen gebraucht. Mittlerweile aber ist es in vielen Wohngebäuden fester Bestandteil, da die Hausanschlüsse nicht das hergeben, was die Ladeinfrastruktur benötigt. „Der theoretische Verbrauch übersteigt den Netzanschluss“, erklärt er. Dieses Thema, bekräftigt Stumbaum, sei ein großer Teil der Energiewende.
Bürokratie - die Bremse der Energiewende
Doch es gibt auch noch Hürden zu überwinden. Vor allem Bürokratie. So wie im Beispiel von Gisela Lutz, das von der Süddeutschen Zeitung im Sommer 2023 geschildert wurde. Die Frau wollte in München ihre alte Gasheizung durch eine moderne Luft-Wärmepumpe im Garten ersetzen. Gelebte Energiewende sozusagen. Statt loslegen zu können, geriet sie in die Mühlen der Bürokratie. Unter anderem wurde ein Nachweis von ihr verlangt, dass die Nachbar:innen durch den Lärm der Luft-Wärmepumpe nicht belästigt werden. Die Vorgaben der „Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm“ müssten eingehalten werden, hieß es. Für Stumbaum ein „Hammer: Dass man eine Genehmigung für einen Einbau im Garten benötigt, war mir neu“, sagt er. „Wenn die Lokalbaukommission jedem Interessenten solche Auflagen macht, dann können wir uns das Thema Energiewende sparen“, betont er.
Markus Stumbaum und Teile des Fuhrparks seiner Firma. (Foto: Stumbaum GmbH)
Sein Betrieb tut viel dafür, dass die Energiewende auch von der nächsten Handwerker:innen-Generation vorangetrieben wird. Die Firmenbosse legen seit jeher großen Wert auf die Ausbildung, mehr als 220 Azubis wurden mittlerweile ausgebildet. 2022 wurde die Stumbaum GmbH deshalb mit dem Erasmus-Grasser-Preis der Stadt München ausgezeichnet. Damit ehrt die bayerische Landeshauptstadt Ausbildungsbetriebe, die sich um die berufliche Bildung von Jugendlichen verdient gemacht haben.
Nachwuchs - der Treiber der Energiewende
Für Stumbaum ist der zentrale Aspekt bei der Nachwuchssuche: Will man, oder will man nicht? Im Bereich der Energiewende-Gewerke, zu denen die Elektroniker:innen, die Kälteanlagen-Mechatroniker:innen und die Anlagenmechaniker:innen gehören, gebe es in Sachen Azubis einen „Boom“, erklärt er, da sie als zukunftsfähige Berufe wahrgenommen werden. Das erleichtert es seinem Betrieb. Für das Jahr 2024 hat er schon alle Azubi-Stellen besetzt. Die Ausrichtung des Betriebs auf die Energiewende macht sich also auch beim Nachwuchs positiv bemerkbar, denn der generelle Trend ist deutschlandweit ein anderer. Handwerkspräsident Jörg Dittrich beklagte im Mai 2023 im ZDF, dass bei den deutschen Handwerkskammern noch knapp 40.000 offene Ausbildungsplätze gemeldet waren.
Stumbaum hat aber auch mit Blick auf andere Handwerksberufe, wie etwa die Bäcker, wahrgenommen, dass viel von der Eigeninitiative der Betriebe abhängt. Wer sich um das Thema Nachwuchs aktiv kümmert, an Schulen präsent ist, innovative Arbeitszeitkonzepte anbietet und sich „schick und sexy nach außen“ präsentiere, finde trotz allem Nachwuchs, sagt er.
Stumbaums Betrieb hat dieses Thema weit oben auf der Agenda. Es gibt einen internen Ausbildungsbeauftragten, der sich darum kümmert, und der Betrieb hat früh damit angefangen, sich in Schulen, auf Messen und verschiedenen Online-Plattformen vorzustellen. Mittlerweile gebe es auch Zulauf aus höheren Bildungsschichten, etwa von Realschüler:innen und Gymnasiast:innen, und auch Umschüler:innen, die bereits eine andere Lehre gemacht haben, landen bei Stumbaum, um dort eine neue Lehre zu beginnen. Dass die jüngeren Generationen mit ganz anderen Anforderungen in die Arbeitswelt gehen, Stichwort New Work, nimmt auch er wahr. Das sei schon spürbar, die Bindung an ein Unternehmen sei geringer und das Eigeninteresse viel höher, erklärt er. Manchmal hadert er damit auch, aber er ist sich bewusst, dass New Work ein Teil der heutigen Zeit ist – und man dementsprechend darauf eingehen muss.
Fazit: Ein konsequenter Aufbau von Kompetenz macht sich bezahlt
Darauf verlassen kann sich Stumbaum, dass sein Betrieb jetzt die Früchte dafür erntet, frühzeitig auf die Energiewende gesetzt zu haben. Er profitiert von der Kompetenz, die er in diesem Bereich erworben hat. Und die ihm die Kundschaft abnimmt. „Wir beraten auch in diese Richtung“, sagt er, seinen Kund:innen sei klar, in welche Richtung es gehe. Stumbaum hat nicht das Problem, dass viele Handwerksbetriebe laut einer Autarq-Umfrage im Januar 2024 unter 1036 Eigenheimbesitzer:innen haben. Demnach wird das Handwerk nur von einem Bruchteil der Teilnehmenden als Informationsquelle zu den Themen der Energiewende wahrgenommen. Stumbaums Firma hat sich als solche etabliert. Sein Fazit lautet: „Ich finde, es war eine gute Entscheidung, frühzeitig in diese Richtung zu gehen.“ Voll in Richtung Energiewende.