Die Eigentümerin und Architektin Irmengard Berner oben auf dem Dach im Münchner Schurrweg (Foto: Amelie Niederbuchner, WE SUM GmbH)
Irmengard Berner musste sich erst einmal schütteln. „Nein, nicht ernsthaft“, war ihr erster Gedanke, als sie an einem frühen Mitte-März-Morgen den Schnee erspähte, der sich über den Münchner Westen gelegt hatte. „Freude pur“, so ihr ironischer Kommentar dazu, die weiße Pracht hätte es aus ihrer Sicht nun wirklich nicht gebraucht.
Verständlich, denn Berner ist eine zentrale Figur bei einer Dachsanierung in München, Pasing. Doch der späte Schnee ist schnell vergessen, als die Architektin, die bei diesem Projekt gleich mehrere Rollen innehat, mich über den Hof und die Baustelle führt. Wie sehr Berner, beige Wollmütze, rötlicher Schal, in das Projekt involviert ist, wird schnell deutlich. Immer wieder führt sie Gespräche, die sich um die Dachsanierung drehen, mal am Telefon, mal mit den Handwerkern vor Ort. Und wenn ein Nachbar auf eine undichte Stelle verweist, ist auch Berner die erste Ansprechpartnerin.
Frau Berner, ist es zu hoch gegriffen, wenn man dieses Bauvorhaben als Herzensprojekt von Ihnen bezeichnet?
Irmengard Berner: Nein, das ist es nicht. Es betrifft mich ja gleich dreimal: als Eigentümerin, als Architektin und als Nachbarin. Es ist schön, dass wir es geschafft haben, acht Parteien dafür zu begeistern und das Projekt gemeinsam für die Energiewende umzusetzen. Diese beginnt im Kopf – und dann benötigt man Mut und das Kapital, um sie umzusetzen.
Wie haben Sie sich an das Projekt herangetastet?
Berner: Ich habe mich erst ins Thema eingelesen und dann die Nachbar:innen mit Flyern informiert. Viele von ihnen haben einem Informationsgespräch mit einem Energieberater zugestimmt, das Pflicht ist, um an Förderungen zu kommen und welches der Staat auch zu großen Teilen subventioniert. Am Ende sind dann acht übrig geblieben, die das Projekt realisieren. Das ist ja auch eine große Entscheidung, für die man das nötige Budget braucht.
Welche Varianten haben Sie in Betracht gezogen?
Berner: Die günstigste und einfachste Variante sind PV-Module, die man aufs Dach legt. Die haben allerdings ein gewisses Maß und sind auf Reihenhaus-Dächern etwas schwierig unterzubekommen, weil man Brandschutzabstände einhalten muss und dabei einiges an Fläche verliert. Und bei den normalen Durchdringungen, die ein Reihenhaus-Dach so hat, wie etwa Kamin oder Lüftungsauslässe, sind schnell weitere Flächen ausgeschlossen. Auf mein Dach hätten deshalb gerade mal vier bis fünf PV-Aufdach-Module gepasst. Dies ist mit Wechselrichter kaum wirtschaftlich umsetzbar, von der Gestaltung ganz abgesehen. Ein weiterer Nachteil von PV-Modulen: Die Dachfläche ist dann nicht mehr begehbar, das macht es im Handling schwerer. Da war ich erst einmal etwas gefrustet und habe mir gesagt: Dann muss es eben anders gehen.
Die Architektin Irmengard Berner steht von früh bis spät in Kontakt mit den Menschen auf der Baustelle - v.l.n.r.: Kollegin und Innenarchitektin Maria Schneider, Containerfahrer der Firma Breitsamer, Irmengard Berner, Dachhandwerker Philip Stapelfeld (Foto: Amelie Niederbuchner, WE SUM GmbH)
Wie sind Sie weiter vorgegangen?
Berner: Ich habe mich weiter umgeschaut und bin auf In-Dach-PV-Module gestoßen, aber da gibt es nur sehr wenige Hersteller, die begehbare Module liefern. Dadurch war klar: Kein System hat so viel Sinn ergeben wie die Solardachziegel von Autarq. Sie sind begehbar und haben den Vorteil, dass man sie auch über den Dachgrat legen und ich damit meine ganze Dachfläche belegen kann. So hole ich die meiste PV-Fläche raus, mehr geht nicht. Das macht es wirtschaftlich. Und sie haben noch weitere Vorteile.
Dachsanierung München: “Mehrere Fliegen mit einer Klappe”
Welche denn?
Berner: Ein PV-Modul bietet ja noch keine Dachfunktion, die legt man ja nur obendrauf. Die Solardachziegel dagegen garantieren mir auch die Dachdeckung, die ich sowieso brauche. Die alte Betonsteindeckung war bereits 37 Jahre alt und hat begonnen, bei den Haltenasen brüchig zu werden. Da Betondachsteine eine Lebensdauer von 35 bis 40 Jahren haben, wollte ich auf diese bald zu erneuernde Dachdeckung keine PV-Module legen. Ich habe also mehrere Fliegen mit einer Klappe geschlagen – und bin auch noch den Dachdeckern entgegengekommen.
Inwiefern?
Berner: Viele Dachdecker scheuen sich vor dem Strom, sie sind ja keine Elektriker und haben deshalb gewisse Berührungsängste damit. Mit PV-Modulen können sie deswegen oft nicht so viel anfangen. Die Ziegel dagegen kennen sie, das ist ihr Alltag. Das Kabel, das sie auf dem Dach verlegen, ist ein harmloses Schwachstromkabel mit kleiner Leistung, da die einzelnen Ziegel ja klein sind. Somit entsteht kein großes Elektrofeld, das die Dachdecker beunruhigen könnte. Und um den Kabelanschluss kümmern sich dann sowieso die Elektriker.
Frau Berner hält einen Solardachziegel von Autarq in der Hand (Foto: Amelie Niederbuchner, WE SUM GmbH)
Warum haben Sie sich überhaupt für die Solarlösung entschieden?
Berner: Es bringt Leistung, Strom – und damit die Energiewende voran. Wir haben uns bereits im Januar 2022 in die Thematik eingearbeitet, noch bevor der Ukraine-Krieg begann und sich die Energiekrise zuspitzt hat. Wir wussten, wir müssen etwas verändern, bewusster im Umgang mit Strom werden. Ich fahre seit vier Jahren ein Elektroauto und sehe, was Strom bewegen kann.
Läuft die Sanierung so, wie Sie es sich vorgestellt haben?
Berner: Ja, sie läuft sehr gut – und das, obwohl wir sozusagen alles „mal acht“ haben: acht Bauherr:innen, acht Abrechnungen.
Sind Probleme aufgetaucht, mit denen Sie nicht gerechnet hatten?
Berner: Es ist immer eine Herausforderung, in einem Nachbarschaftsgefüge zu bauen, bei dem nicht alle beteiligt sind. Aber das haben wir gut im Griff.
Wetter spielt gewisse Rolle bei der Dachsanierung
Wir haben ja Mitte März den Schnee erlebt. Welche Rolle spielt das Wetter bei der Dachsanierung?
Berner: Anfangs lief die Baustelle super, da haben wir ein Wahnsinns-Tempo vorgelegt. Aber als das Wetter umgeschlagen hat, konnte nicht mehr die ganze große Dachfläche aufgemacht werden, weil man abends das Dach ja immer wieder dicht haben muss. Wenn nicht klar ist, ob das Wetter hält, wird kein Loch ins Dach gemacht. Da hängen wir also schon etwas am Wetter. Ist es gut, kann ein anderes Tempo angeschlagen werden.
Regen ist demnach auch ein sensibles Thema?
Berner: Ja. Aber wenn es regnet, können Verblechungs- oder Anschlussarbeiten gemacht werden – auch wenn es bei Nässe unangenehm auf dem Dach ist. Aber es funktioniert.
Guter Draht zum Dachdecker: Irmengard Berner mit Philip Stapelfeldt auf dem Dach im Schurrweg in München (Foto: Amelie Niederbuchner, WE SUM GmbH)
Sie haben im Zuge des Prozesses von der Planung bis zur Sanierung einiges an Erfahrungen sammeln können. Was würden Sie anderen Eigentümer:innen raten, die vor einer Dachsanierung stehen?
Berner: So schnell wie möglich zu handeln. Darauf zu warten, dass die Baupreise sinken, die Handwerker günstiger werden oder die Materialien billiger, ist unrealistisch. Dafür ist die Nachfrage zu hoch. Wir haben im Moment zu wenig Handwerker und einen Fachkräftemangel, was bedeutet: Man muss schon einiges bieten, dass der Handwerker auch kommt. Wenn ein einzelnes Dach gemacht werden soll, wird der Handwerker nicht begeistert sein. Ich habe 40 Angebote rausgeschickt, um vier zu bekommen – und da hatte ich bereits 100 durch telefoniert, um überhaupt Angebote rausschicken zu können.
Cleverer Schachzug spart Geld bei der Dachsanierung
Wie kann man sein Projekt den Fachkräften schmackhaft machen?
Berner: Wir haben hier acht Dächer, die gemacht werden – das ist eine Fläche, die lohnt sich für die Dachdecker. Mit einem Einfamilienhaus ist man aktuell kein attraktiver Auftraggeber, das wird man auf dem Markt spüren. Sich mit mehreren zusammenzuschließen, macht also einiges einfacher. Wir hätten beispielsweise sonst hier keinen Kran, weil der sehr teuer ist. Bei acht Bauherr:innen lohnt er sich aber – und erleichtert die Arbeit der Handwerker um einiges.
Die staatliche Förderung ist auch ein Aspekt, den man berücksichtigen sollte.
Berner: Generell würde ich sagen: Es wird nicht einfacher werden, zu bauen. Deshalb besser handlungsschnell jetzt was machen, weil die Förderungen weniger und die Preise nicht billiger werden. Wir haben vor rund einem Jahr noch 25 Prozent Förderung bekommen, heute sind es nur noch 20 Prozent. Wenn der politische Druck und jener der steigenden Energiekosten größer werden, wird der Staat nicht mehr so viel bezuschussen. Das war uns klar, deshalb haben wir uns gesagt: wenn, dann jetzt.
In ihrem Architekturbüro Archilab geht Irmengard Berner mit ihrer Kollegin Maria Schneider, Master of Art Innenarchitektur, die anstehenden Arbeitsschritte durch (Foto: Amelie Niederbuchner, WE SUM GmbH)
Sie haben das Gemeinschaftsprojekt auch mit einem cleveren Schachzug in gute Bahnen gelenkt.
Berner: Als das Projekt gestartet wurde, haben wir Bauherr:innen den Handwerkern und Dachdeckern die kompletten Materialkosten bezahlt, damit sie gleich alles ordern konnten. Das hat uns die Preissteigerungen erspart, die sonst oft auf Baustellen anfallen. Auch bei uns wäre das der Fall gewesen: Alleine die Materialkosten sind mittlerweile um 15 Prozent gestiegen.
Mit Blick auf das Ende der Dachsanierung: Worauf freuen Sie sich am meisten?
Berner: Auf das fertige Bauwerk, den Anschluss des Daches als Stromlieferant – und den ersten eigenen Strom. Und natürlich auch darauf, dass die Gerüste wieder entfernt sind, Ruhe einkehrt und der Garten wieder genutzt werden kann (lächelt).
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