Verbraucher Photovoltaik: “Einen Schritt von unserer Aufschrei-Kultur zurücktreten”

Neben Pflichten haben Verbraucher:innen laut Britta Berger* jede Menge Chancen in der Energiewende. Ihre Nummer eins: ein ökologisches und zukunftsfähiges Handeln (Foto: Centre for Ageing Better, Unsplash)

Immer wieder heißt es, die Verantwortung für die „schöne neue Energiewelt“ liege bei den Verbraucher:innen. Das Problem: Obwohl sie die Entscheider:innen von energetischen Sanierungsmaßnahmen sind, starten sie meist ohne nennenswerte Vorkenntnisse in diesen Prozess. So ging es auch Verbraucherin Britta Berger*. Als sie nach der Flutkatastrophe von 2021 sanieren musste, entschied sie sich für Photovoltaik. Was dann geschah, war alles andere als einfach.

 


Interview mit der Verbraucherin Britta Berger*

Steckbrief

Name Britta Berger*

Alter 55

Profession 
In der Immobilienbranche tätig

Wohnort Köln-Bonner Bucht

Credo 
Es darf eine einheitliche Solardachpflicht geben – dazu braucht es aber passende Hilfsangebote.

 

 *Name von der Redaktion geändert. Als Verbraucherin möchte Frau Berger ihre Anonymität wahren und die Informationen zu ihrem Haus nicht mit ihrer Identität verknüpfen.
 


Welchen Beitrag leisten Sie zur Energiewende?

Ich weiß sicherlich, dass meine kleine Solaranlage keinen riesigen Beitrag zur Energiewende leistet. Mich mit meinem kleinen Einfamilienhaus für eine Umstellung von einer Ölheizung zur Wärmepumpe mit Photovoltaik zu entscheiden, halte ich dennoch für sehr wichtig. Durch die PV-Anlage kann ich selbst außerdem sehr gut steuern, dass ich das, was an Strom entsteht, wirklich gezielt verbrauche. Da fühle ich mich am Ende des Tages durchaus gut und ich habe laut meiner Verbrauchs-App auch schon einige „Bäume gepflanzt“. (lacht) 

(Anm. d. Red.: Frau Berger kann in ihrer App zur Steuerung der PV-Anlage einsehen, wie viel CO₂ sie einspart. Aus diesen Werten entsteht eine Hochrechnung, wie viele Bäume es bräuchte, um die gleiche Menge CO₂ wieder in Sauerstoff umzuwandeln, was wiederum in „gepflanzten Bäumen“ angegeben wird.)

„Für uns reguläre Photovoltaik-Verbraucher:innen ist es teils nicht mehr nachvollziehbar, welche Möglichkeiten es gibt.“

Welche Faktoren sind für Sie entscheidend, damit die Energiewende gelingt? 

Problematisch finde ich die Unsicherheit in Bezug auf die Fördermöglichkeiten und aus welchen Töpfen diese stammen sollen. Mal werden sie erhöht, dann wieder gesenkt. Das muss aufhören, damit das Umdenken gelingt. Für uns reguläre Verbraucher:innen ist es teils nicht mehr nachvollziehbar, welche Möglichkeiten es gibt. Von den bürokratischen Hürden ganz zu schweigen. Wie groß darf die Anlage sein, und muss ich sie nun als Kleingewerbe anmelden? Was bedeutet das für die Umsatzsteuer? Das verwirrt ungemein, und es ist schwer, eine zentrale Anlaufstelle zu identifizieren, die die richtigen und aktuellen Informationen aufzeigt. Da braucht es vielleicht mal eine unabhängige Stelle, die die Basics erklärt, die Unterschiede zwischen Solarthermie und PV verdeutlicht oder Abschreibemöglichkeiten auflistet. Derzeit muss man das mühsam selbst recherchieren.

Was halten Sie für das größte Hindernis bei der Energiewende?

Dass es keinen stringenten Kurs gibt. Jetzt heißt es wieder, dass Luftwärmepumpen doch nicht so sinnvoll seien, vorher waren sie der letzte Schrei. Dann sollen es E-Autos sein, die aber auch noch nicht völlig ausgereift sind. Wenn wir die Dinge sofort wieder kaputtreden, brauchen wir gar nicht anzufangen. Wir müssten einfach mal durchziehen.

Zoomen

25 Module mit 9,38 kwp Leistung: Bei der Planung für das Dach von Britta Bergers Haus mussten viele Dachunterbrechungen berücksichtigt werden. Damit die Solaranlage auch den Pool mitbetreiben kann, mussten Module auf dem Satteldach und der flachen Bedachung der Dachgauben aufgestellt werden.

Bei mir persönlich kam noch dazu, dass es wirklich schwierig war, die entsprechenden Fachleute zu finden, da sie alle dermaßen ausgelastet sind. Ich hatte wirklich Glück im Unglück: Bei mir ging nach dem Hochwasser von 2021 im folgenden Winter auch noch die Heizung in die Brüche. Durch den Kontakt zum Schornsteinfeger kamen ein Elektrobetrieb und ein Fachmann für Solaranlagen hinzu, die mich zur Kombination Wärmepumpe mit Solar beraten und tatkräftig unterstützt haben. Ohne diesen persönlichen Kontakt hätte ich lange ohne funktionierende Heizung ausharren müssen.

Verbraucher Photovoltaik berichten: „In meinen Augen macht die Förderung da viel aus“

Welcher Schritt war bisher der wichtigste in der Energiewende, und wie können wir dort anknüpfen?

Völlig subjektiv betrachtet: Für mich war es die fünfzigprozentige Förderung bei Austausch von Ölheizungen und Umstellung auf erneuerbare Energien. Das war zwar nicht der einzig entscheidende Faktor, aber er hat den Zeitpunkt bestimmt. Ich wusste schon seit zehn Jahren, dass die Heizungsanlage irgendwann den Geist aufgibt, und dass dann eine nachhaltigere Variante folgen soll. Kostentechnisch wäre es ohne die Förderung aber eine echte Herausforderung geworden. Es ist eben keine kleine Gastherme, die mal eben eingebaut wird. Ehrlich gesagt ist mir nicht klar, wie die ganzen Haushalte das ohne die entsprechende Förderung stemmen sollen.

Ich arbeite im Immobilienbereich bei einer großen Firma, und auch wir müssen Liegenschaften aus den Siebzigerjahren nun auf erneuerbare Energien umstellen. Da entstehen nicht nur massive Kosten, sondern auch Mühen, und es ist klar, dass das nicht so schnell vonstattengehen kann. In meinen Augen macht die Förderung da viel aus und sollte forciert werden – auch wenn wir erstmal klären müssen, wo sie herkommen soll.

Was wünschen Sie sich von Politik und Gesetzgeber?

Man überlegt aktuell, welche Lösungen man über Photovoltaik hinaus nutzen kann - Thema Eisspeicherheizung und Wasserstoff. Das sind wieder neue Optionen, während die alten noch gar nicht wirklich rund laufen. Da kann man sich auf Verbraucherseite ehrlich gesagt noch weniger entscheiden. Vielleicht wäre ein klarer Kurs zunächst sinnvoller.

Auf der anderen Seite sehe ich im Beruf Probleme mit der Umsetzung auf anderen Immobilienarten in Städten. Manche Dächer sind einfach verschattet, ungünstig ausgerichtet oder können aus anderen Gründen nicht für Photovoltaik genutzt werden. Vielleicht sollte von der Politik bauplanerisch mehr in den Städten passieren, sodass beispielsweise zusammenhängende Dachflächen für Großanlagen genutzt werden könnten. Ich könnte mir vorstellen, dass mit den richtigen Fachleuten und entsprechendem Know-how ganzheitliche Konzepte entstehen könnten, die man den Menschen an die Hand geben kann. Dass Eigentümer:innen sich selbst informieren, selbst prüfen und prüfen lassen müssen, ist schwierig.

„Einen Schritt von unserer Aufschrei-Kultur zurücktreten und gewisse Auflagen akzeptieren“

Wie sehen Sie in diesem Zusammenhang Auflagen wie die Solardachpflicht?

Das sehe ich nicht so problematisch. Es ist ja durchaus in Ordnung, dass Personen, die Immobilien besitzen, auch in die Pflicht genommen werden. Da sollten wir vielleicht einmal einen Schritt von unserer Aufschrei-Kultur zurücktreten und gewisse Auflagen akzeptieren – sofern es dann auch konkrete Handlungsempfehlungen gibt.

Diese Handlungsempfehlungen müssen sich Verbraucher:innen derzeit noch selbst zusammenstellen. Wie sind Sie an die Informationen gekommen?

Mit den gängigen Online-Suchmaschinen geht ja schon einiges. Die grundlegenden Unterschiede zwischen Solarthermie und Photovoltaik, die Leistung einer Luftwärmepumpe, das muss man ja als Endverbraucherin erstmal begreifen. Das Vorwissen beschränkt sich oft darauf, wie man die Heizung aufdreht oder den Stromzähler abliest. Ich habe mich im Grunde auf den Profi verlassen, der mir ein zu meinen Bedürfnissen passendes Modell in entsprechender Größe empfohlen hat. Ein Vergleichsangebot enthielt einen doppelten Speicher und andere Eigenschaften, die ich eigentlich nicht brauche, und lag deswegen preislich auch deutlich über dem, was letztlich eingebaut wurde. Außerdem kamen über den Kontakt gleich alle nötigen Gewerke zusammen und konnten sich in der Arbeit ergänzen, da fiel die Entscheidung nicht mehr schwer.

Welche bürokratischen Hürden sind Ihnen als Verbraucherin während der Sanierung mit Photovoltaik begegnet?

Ich besitze zum Glück ein freistehendes Haus. Grenzt das Haus an den Gehweg oder ein anderes Haus, sind die Vorgaben für Container und Gerüstbau noch einmal ganz anders. Die Bauherrenhaftpflichtversicherung kam hinzu, aber bei den Förderanträgen und baurechtlichen Fragen hat mir der Energieberater wirklich viel Arbeit abgenommen. Sonst wären die Hürden sicher noch viel größer ausgefallen.

„Im Betrieb verlasse ich mich eher auf gesunden Menschenverstand als auf die genauen Werte“

Wie sind Sie den technischen Herausforderungen der PV-Sanierung begegnet?

Die hielten sich durch die gute Unterstützung in Grenzen, und die Installation der Solaranlage hat sich im Vergleich zur Heizung auch als unkompliziert entpuppt. Im Grunde musste ich nur entscheiden, was wo stehen soll und wie nachher die Tapete aussehen darf. (lacht)

Auch im Betrieb verlasse ich mich eher auf gesunden Menschenverstand als auf die genauen Werte und technischen Feinheiten.

Können Sie schon absehen, wie sich die Anlage langfristig auf Ihren Energieverbrauch und Ihre Stromkosten auswirkt?

Ich habe immer zu den Großverbrauchenden gezählt, da ich im Garten einen Pool, Whirlpool und manchmal auch noch eine Wärmekabine im Keller betreibe. Lange gab es auch ein Aquarium. Hier habe ich schon gemerkt, dass man nirgends sonst sein Energieverhalten so sehr anpassen kann wie bei der Photovoltaik. Ich kann mich vollständig auf die Effizienz der Anlage ausrichten. Ein Whirlpool läuft zwar dauerhaft, aber die Filtergänge kann ich mit Zeitschaltuhren prima auf die Produktionspeaks terminieren. Gleiches gilt für den Pool. Auch meine Wäsche mache ich mittlerweile dann, wenn ich gegen 16 Uhr nachhause komme.

Früher bewegte ich mich eher im Bereich von 7.000 verbrauchten Kilowattstunden im Jahr, nun liege ich bei 4.000 kWh/Jahr. Darauf zahlen zwar auch andere Sanierungsmaßnahmen wie der Austausch meiner Fenster ein, aber grundsätzlich zeigt sich da für mich sehr deutlich, dass das eine gute Investition war.

Verbraucher Photovoltaik wollen im ökologischen und zukunftsfähigen Sinne handeln


Wünschen Sie sich rückblickend, etwas anders entschieden zu haben?

Nein. Selbst, wenn der Stromverbrauch und die Kosten gleich geblieben wären, würde ich die Entscheidung für eine Solaranlage nicht infrage stellen. Mir ging es dabei nicht primär um die Kosten, relevant war eher, dass ich im ökologischen und zukunftsfähigen Sinne handle. Deswegen finde ich auch, dass es eine einheitliche Pflicht dazu geben darf – es braucht nur eben mehr Hilfe. Es kann nicht sein, dass Rentner:innen, die eine Ölheizung ersetzen müssen, damit alleingelassen werden. Abstufungen in den Hilfsangeboten sind vollkommen in Ordnung, aber es muss sie geben.

Frau Berger, wir danken Ihnen für das Gespräch!

 

 

Interviewreihe: Schöne, neue Energiewelt

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